REISEN UND BEWAHREN

Eine neue Tendenz zeichnet sich im Tourismus der Mongolei ab –
Auf der ITB offenbarte sich ein Stück deutscher Entwicklungshilfe

von Hugo Kröpelin

Viele Mongolen, die von weither angereist waren zur Internationalen TourismusBörse (ITB) in Berlin, dürften es gar nicht bemerkt haben: Auch in Deutschland bewahrt – nämlich der Flaggenfundus aus sozialistischen Zeiten. Auf der mongolischen Staatsflagge an der Jaffe-straße wird das Sojombo nicht von der Flamme, sondern vom fünfzackigen Stern gekrönt.

Doch Scherz beiseite ! Bei REISEN UND BEWAHREN geht es um den Schutz einmaliger Natur- und Kulturräume der Mongolei, wozu auch der Tourismus entscheidend beitragen kann. Seit Juli 1999 gibt es deshalb einen "Arbeitskreis Natur und Reisen Mongolei" (ANR), in dem 13 nationale Reiseveranstalter und die MIAT (alle mit e-mail) vereint sind. Die Mitglieder des ANR stehen für die "Minimierung negativer und die Maximierung positiver Auswirkungen" des Tourismus auf das Land. Dass dies nötig ist, fällt einem allerorten auf – bei den Konservenbüchsen am Ufer des Urug-Nuur im Bezirk Bajan-Ulgi, bei den Fahrten durch die Steppen, wo rechts und links jeweils ein Dutzend Reifenspuren die ohnehin schwache Grasnarbe zerstört haben, oder am bewachsenen Ufer der Tuul in Ulaanbaatar, wo die verlassenen Feuerstätten und die geschändeten Büsche vom Frevel der Wochenend- besucher künden. Doch wie aus der Broschüre des ANR deutlich wird, ist das Schutzelement nicht alles. Alternative Energiequellen wie Wind und Sonne sollen die Ger-(Jurten-)Camps versorgen, auch müssen natur- und kulturgerechte Konzepte für die Nutzung des knappen Wassers her. Ein Wettlauf um die Marktanteile dürfte zu erwarten sein, wenn die gastgebenden Vertragspartner nach Kriterien wie Umwelt- und Sozialverträglichkeit ausgewählt werden. Schließlich hat sich der Arbeitskreis das Ziel gestellt, in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung die alten Reiseziele zu verbessern und neue zu erschließen. Letzteres schafft schließlich Arbeitsplätze und Einkommen. Vorausgesetzt, die künftigen Dienstleister auf dem Lande erhalten eine qualifizierte Ausbildung.

Die "Mutter" des ANR ist eine Deutsche, nämlich die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ). Sie hat den Auftrag, das Entwicklungsprojekt "Förderung kleiner und mittlerer Betriebe" in der Mongolei langfristig zu betreuen. In Deutschland hat die GTZ eine "Tochter adoptiert", nämlich den "Arbeitskreis Trekking und Erlebnisreisen" ATE), der seinerseits zwölf Firmen mit im Boot sitzen hat. Den ATE gibt es seit 1993. Auf seiner "Habenseite" steht u. a. der jährliche "Clean up" am Everest-Trek in Nepal, der 1997 mit der "Grünen Palme" gewürdigt wurde. Seine Ziele kommen denen des ANR weit entgegen: fachliche, psychologische und ökologische Schulung der Reiseleiter; Zusammenarbeit mit den seriösen und verantwortungsvoll handelnden Agenturen vor Ort, Kooperation auf Messen und in touristischen Randgebieten. In Vorbereitung ist derzeit eine Pilotreise vom 2. bis 23. Juli 2000. Die Teilnehmer wollen die Gastgeber unterstützen beim Aufbau eines "Muster-Ger" inklusive sanitärer Anlagen, sie werden das Naadamfest erleben und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und Landschaften sehen. Anmelden können sich Interessenten für die Reise (Flug ab/an Berlin, ca. 5000 Mark) bei YETI-TOURS Trollinger Str. 12 a, 70329 Stuttgart Tel: 0711 32 80 113, Fax:32 80 112,e-mail: yeti-tours@t-online.de Beteiligt an dem Vorhaben , Richtlinien für die Umwelt- und Sozialverträglichkeit auszuarbeiten, sind auch das Centrum für internationale Immigration und Entwicklung (CIM) in Frankfurt/Main, das europäische TACIS-Programm und das Netherlands Management Cooperation Programme.

Der Presse wurde jedoch nicht nur dieses Thema geboten. Frau Khaliun, die Direktorin des Nationalen Tourismus Center (NTC), teilte u.a. mit, dass im vorigen Jahr 158 000 Menschen aus 125 Ländern in die Mongolei einreisten. Nur 21 Prozent von ihnen waren Touristen, allen voran Japaner, gefolgt von Koreanern, Westeuropäern und US-Amerikanern. In Ulaanbaatar können sich gleichzeitig 5000 Reisende in 93 Hotels von den Strapazen erholen. Auf dem Lande gibt es bisher 63 Ger-Camps mit 4166 Betten. Die NTC-Chefin räumt vorsichtig ein: "Nur wenige Camps können den Wünschen der Besucher vollkommen entsprechen." Seit 1992 das Staatsunternehmen "Juultschin" privatisiert wurde, hat ein Gründerboom eingesetzt und bisher mehr als 200 Reisebüros hervorgebracht.

Den etwas anderen Reiseführer stellte Armin Vielhaber vom Studienkreis für Tourismus und Entwicklung e.V. aus Ammerland/Starnberg vor. Ob schon Fan oder noch Neugieriger - der Leser hat sein Vergnügen und einen gewaltigen Wissenszuwachs auf 50 illustrierten Seiten mit Stories unter Schlagzeilen wie "Mit dem Kamelkarren ins Internat", "Wie aus einem Schaf eine Zeitung entstand" oder "Lotte in der Steppe". Der Titel des Büchleins ist eine durchaus begründete Aufforderung: "Mongolei verstehen", schließlich kommt das Land nicht wie Mallorca jeden Tag in deutschen Schlagzeilen vor. Der Untertitel "Sympathie Magazin" ist gerechtfertigt, und das achtseitige Kompendium als Einlage vermittelt Adressen, Verhaltensempfehlungen, Reiseinfos, Literaturangebote und Strukturdaten im Vergleich mit Deutschland, der Schweiz und Österreich. Alles taufrisch und akkurat.

Den stärksten Eindruck auf dem anschließenden Mongolischen Abend hinterließen fünf Frauen: die Mannequins von Njamsuren Sojolmaa, der Präsidentin der Mongolian National Designers Association. Für Augen, die an den hochgeschlossenen, langärmeligen und Figuren verschleiernden Deel gewöhnt sind, war das eine Überraschung durch und durch. Beim mongolischen Auftritt auf der EXPO 2000 werden die gertenschlanken Mädels wieder Furore machen, und das bestimmt unter besseren Bedingungen. Denn es fehlte im Europa-Saal von Halle 7 ein Mode-Moderator, so dass die Gäste nicht erfuhren, aus welchem Material die extravaganten Gewänder und Kopfbedeckungen und in welche Firmen sie hergestellt wurden. Der übliche Pferdekopfgeiger wurde diesmal ersetzt durch eine Schands-Spielerin, die dem einer Balalaika ähnlichen Instrument zauberhafte Folklore-Töne entlockte.

Neben den "Reise-Profis" sah man unter den Gästen viele in Berlin ansässige Mongolen und deutsche Mongolisten. Sogar Unternehmer wie Erwin Vietzke aus Südbrandenburg, der seit fast drei Jahren in Ulaanbaatar engagiert ist, und Dieter Schumann aus Südwestbrandenburg, der dort demnächst einsteigen will, waren der Einladung von Botschafter Bajarsaikhan gefolgt. Dieser kündigte auch den größten Auftritt von Mongolen in Europa an, seit die geschlagenen Heerscharen vor knapp 800 Jahren von Polen den Heimritt antreten mussten. In Hannover werden an die 100 Künstler, Bogenschützen, Ringer und wahrscheinlich 20 Reiter auf eigenen Pferden einen Naadam zelebrieren.

Der Botschafter spürt "von Jahr zu Jahr zunehmendes Interesse in Deutschland für die Mongolei". Staatssekretär Dewitz sieht die wirtschaftliche Kooperation "ausbaufähig und ausbauwürdig" und touristische Dienstleitungen als ein Weg zum Ausgleich der einseitigen Zahlungsbilanz. Und Außenwirtschafts-Kanzler Linden als "spiritus rector" dieses Abends "kann es nicht fassen", nämlich dass im dritten Jahr ein großer Saal die Gäste "kaum noch fassen konnte".++

Quelle: mit freundlicher Genehmigung von Hugo Kröpelin, News Stories Photos aus Berlin und Brandenburg
(März 2000)


   

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Last Update: 03. Januar 2022