von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar
Dalai-Lama Tenzin Gyatso, Dolmetscher. WTU
Der 14. Dalai-Lama in der Mongolei
begeistert empfangen
Am 04. November betrat das Oberhaupt der
buddhistisch-lamaistischen Kirche, der 14. Dalai-Lama, nach sieben Jahren zum
ersten Mal wieder mongolischen Boden.
Nachdem der geplante Besuch im September gescheitert war – sowohl Russland als
auch Südkorea verweigerten dem Chef der tibetischen Exilregierung ein
Transitvisum – flog der Dalai-Lama über Thailand nach Tokio (Japan) und von
dort nach Ulaanbaatar.
Er folgte einer Einladung des Khamba-Lamas Choijamts vom
Gandantegchinlen-Kloster, dem religiösen Zentrum der Mongolei.
Hier weihte er ein nur den Geistlichen gewidmetes Mandala, bevor er vor dem
Tempel des Bodhisattva Avalokiteshvara, dessen Reinkarnation die Dalai-Lamas
sind, zu den Gläubigen sprach, die mehrere Stunden gewartet hatten, um den
charismatischen Kirchenfürsten hören und sehen zu können.
Am 06. November las er vor 6 000 Menschen im „UB-Palace" aus den heiligen
Schriften, rezitierte Segenssprüche und –formeln. Bereits ab 02.00 Uhr in der
Nacht sammelten sich die Menschen vor dem UB-Palace, der größten und
modernsten Disco des Landes, ab 06.00 Uhr öffneten die Sicherheitskräfte die
Absperrungen. Hunderte fanden keinen Platz mehr im Inneren des Gebäudes und
mussten im Freien ausharren.
Junge Lamas kamen aus entfernten Klöstern, um vor dem Dalai-Lama ihr Gelübde
abzulegen.
Die Mongolische Staatsuniversität sowie die Wissenschaftlich - Technologische
Universität (WTU) verliehen dem Dalai-Lama die Ehrendoktorwürde, im
Kulturpalast traf er sich am Nachmittag des 07. November mit Studenten.
Seine Heiligkeit, der 14. Dalai-Lama Tenzin Gyatso (mong. Danzanjamts), hob in
seinen Reden die Einheit von Körper, Geist und Seele hervor, ging auf die
langen gemeinsamen kulturellen und religiösen Traditionen zwischen Mongolen und
Tibetern ein, verwies darauf, dass Buddhismus und Wissenschaft keine Gegensätze
bildeten, dass für den Menschen das „Außen" genauso wichtig sei, wie
das „Selbst", das „Innen". Streben nur nach materiellen Gütern
mache nicht glücklicher, klüger oder zufriedener. Der Entwicklung des
materiellen Wohlstands seien Grenzen gesetzt, der des geistigen Lebens nicht.
Keine Religion sei besser als die andere, kein Mensch mehr wert als der andere.
Frieden, Demokratie und Freiheit seien für ein ausgefülltes Menschenleben
unverzichtbar.
China protestierte gegen den Besuch des Dalai-Lama. Er reise nie nur als Person
der Kirche, sondern immer auch als Politiker.
In der Nacht vom 05. zum 06. November hatten die chinesischen Behörden den
Grenzübergang Ereen-Zamyn Uud für den Personen- und Güterverkehr geschlossen.
Die internationalen Züge nach Moskau und Khukh Khot waren davon nicht
betroffen. Seit dem 06. November, 19.00 Uhr, ist die Grenze wieder passierbar.
Die Schließung wurde mit technischen Problemen und dem Parteitag der
Kommunistischen Partei Chinas begründet.
In Ulaanbaatar zweifelt niemand daran, dass der Besuch des Dalai-Lama der
eigentliche Grund für die Maßnahme war.
In der TU
Importverbot wieder aufgehoben
Die chinesische Regierung hatte am Dienstag
die Kupferproduzenten des Landes aufgefordert, alle Einfuhren aus der Mongolei
zu stoppen. Die chinesische Eisenbahnverwaltung wurde ebenfalls angewiesen, alle
Importe zu verhindern. „Nachdem Unstimmigkeiten wegen des Besuchs des
Dalai-Lamas im Nachbarland ausgeräumt worden waren", wurde das Verbot am
Mittwoch wieder aufgehoben.
Kupferkonzentrat ist eines der Hauptimportgüter Chinas aus der Mongolei. In den
ersten neun Monaten des Jahres kamen 23 Prozent der Gesamtlieferungen dieses
Produkts aus dem nördlichen Nachbarland Chinas.
Fleischexporte wieder erlaubt
Nach dem Ausbruch der Maul- und
Klauenseuche in den westlichen Aimags der Mongolei, schlossen die russischen
Behörden ihre Grenzen für mongolisches Fleisch und Fleischprodukte.
Die Mongolen wollten in diesem Jahr 21 bis 23 000 Tonnen Fleisch exportieren.
Nach Verhandlungen mit den russischen Verantwortlichen reisten drei Experten in
die Mongolei, um die Seuchensituation zu prüfen. Sie kamen zu dem Schluss, die
Gefahr sei gebannt und genehmigten den Fleischexport. Seitdem wurden 2 000
Tonnen Fleisch nach Russland exportiert.
D. Gerelkhuu, der Vorsitzende des Verbandes der Fleischexporteure, beklagte die
gesunkene Qualität des mongolischen Fleisches und forderte Verbesserungen, auch
im Interesse einer günstigeren Preisgestaltung.
Exporte aus den Westaimags bleiben für dieses Jahr verboten.
Studentendemonstration
Studenten der Landwirtschaftsuniversität
protestierten kürzlich gegen die Ausgabe von nur 160 verbilligten Monatstickets
für den städtischen Nahverkehr.
Daraufhin der stellvertretende Direktor der Verkehrsbetriebe, Ts. Togtmol: „Für
die Verteilung der Tickets ist der Mongolische Studentenbund verantwortlich. An
der Landwirtschaftsuniversität studieren 4 000 Studenten. Wir haben für die
Uni 2 043 Tickets zur Verfügung gestellt. Ein ermäßigtes Studententicket
kostet 4 400 Tugrug im Monat. Jetzt verkaufen Uni und Studentenbund die Tickets
für 7 000 bis 8 000 Tugrugs, auch an Nichtstudenten."
0,11 Hektar für Hauptstadtbewohner
S. Tumur-Ochir, Vorsitzender des Großen
Staatskhurals, sagte in einem Interview für die „Zuuny Medee"
(Jahrhundertinformationen), Wohnungsinhaber könnten im Zuge der Privatisierung
von Grund und Boden (das Gesetz tritt ab 01. Mai 2003 in Kraft) 0,11 Hektar für
den Anbau von Obst und Gemüse u. ä. erhalten.
Den Vorwurf, das Parlament würde von der Regierung bevormundet, wies er
zurück. Die Mongolei sei eine parlamentarische Demokratie, in der Präsident,
Parlament und Regierung gemeinsam für das Wohl der Menschen und die Entwicklung
des Landes zu arbeiten haben.
Die Frage, ob es stimme, dass er sich gern Witze, auch politische, ausdenke,
bejahte Tumur-Ochir mit der Einschränkung, zurzeit fehle ihm dafür einfach
mehr Zeit.
Demonstration für gerechte Bodenprivatisierung. 05.11.02
„Für eine gerechte Privatisierung des
Bodens!"
Am 05. November fand auf dem „Platz der
Freiheit" eine von der „Bewegung für eine gerechte Privatisierung des
Bodens" organisierte Protestdemonstration statt. Trotz des
Dalai-Lama-Besuches versammelten sich über 500 Menschen aus verschieden en
Aimags, die lautstark und über Spruchbänder gegen die Praxis bei der
Bodenprivatisierung protestierten.
„Tritt zurück, Regierung der Bodenschwindler!", „Entlasst die
Bodenmafiosi Ts. Uuld, Sh. Gungaadorj, R. Sodkuu aus dem
Abgeordnetenhaus!", „Stoppt den Ausverkauf Altanbulags an die
Chinesen!" lauteten nur einige der Spruchbänder in den Händen der
Demonstranten oder an den Fahrerkabinen der Traktoren. Etwa 35 Traktoren waren
um den Platz aufgefahren. Eigentlich sollten es 100 sein, die übrigen wurden
von den Kontrollposten an den Stadtgrenzen zurückgehalten.
Außer den Abgeordneten der Demokratischen Partei, L. Gundalai und J.
Narantsatsralt, sprachen der Vorsitzende der Demokratischen Partei, D. Dorligjav,
Exabgeordnete und der ehemalige Vorsitzende des Großen Staatskhurals, R.
Gonchigdorj, zu den auf dem Platz Versammelten.
Die Protestierer richteten fünf Forderungen an die Regierung: Ackerbauland soll
frei und gleichberechtigt an die ortsansässigen Familien gegeben werden, die
Bewohner der Jurtensiedlungen sollen das Land erhalten, das sie gegenwärtig
nutzen, die Aktionen der Behörden, Land in Ulaanbaatar und anderen Zentralen zu
blockieren, müssten sofort gestoppt werden.
Aus Regierungskreisen verlautete, der Generalbebauungsplan von Ulaanbaatar mache
die Räumung einiger Jurtensiedlungen erforderlich. Das wäre seit vielen Jahren
bekannt gewesen. Außerdem schriebe die Verfassung vor, dass Weideland von einer
Privatisierung ausgenommen sei.
Die Organisatoren der Proteste kündigten die Fortsetzung ihrer Aktionen an. 100
Traktoren würden den Sukhbaatarplatz „einkesseln".
Stellvertretender Vorsitzender des Großen
Staatskhurals klagt vor Gericht
J. Byambadorj, der stellvertretende
Parlamentschef, hat Klage gegen das ehemalige Mitglied des Staatskhurals, B.
Batbayar, eingereicht. Dieser hat Byambadorj in einem Interview, das er der „Udriin
Sonin" (Tageszeitung) gab, beschuldigt, Bestechungsgelder von „MIAT"
und der „Mongolischen Versicherung" angenommen zu haben. Von dem Geld, 60
Millionen Tugrug und 15 000 US-Dollar, hätte er sich ein Haus bauen und seine
Kinder in Amerika studieren lassen.
Ergebnis der Überprüfung von 111 Tankstellen
Bei der Überprüfung der 111 Tankstellen
in Ulaanbaatar wurden ernsthafte Mängel aufgedeckt: Bei 20,3 Prozent fehlen
Brandschutzgeräte, bei 7,3 Prozent fehlen die Besitzurkunden für das
Betriebsgrundstück, 20 Prozent haben Umweltauflagen missachtet und 70 Prozent
arbeiten mit veralteten Technologien. Sechs Tankstellen wurde die
Betriebserlaubnis entzogen.
15 000 Falken in der Mongolei
In einer ersten Erhebung von Mai bis Juli
dieses Jahres wurden in der Mongolei 6 000 Falken gezählt. Bei der zweiten
Zählung, die bis Oktober andauerte, stieg die Zahl auf 15 000. Das teilte ein
Sprecher des Ministeriums für Natur und Umwelt mit.
G. Dorjpalam gestorben
Ihr letzter Wunsch ging nicht mehr in
Erfüllung: Sie wollte noch erleben, dass die Mörder ihres Sohnes einer
gerechten Strafe zugeführt werden. Am 01. November ist die Mutter des 1998
ermordeten Mitbegründers der Demokratiebewegung, S. Zorig und von
Parlamentsmitglied S. Oyun, gestorben.
1937 als zweite Tochter des russischen Mongolisten und Geographen, A. D. Simukov,
in Ulaanbaatar geboren, wurde sie später von einer mongolischen Familie
adoptiert. Beide Eltern waren dem Terror Stalins und Choibalsans zum Opfer
gefallen.
Dorjpalam studierte Medizin an der Mongolischen Staatsuniversität und war über
30 Jahre an der Ausbildung junger Mediziner beteiligt.
Vertauschte Kinder müssen zu ihren biologischen
Eltern zurück
Das Stadtbezirksgericht von Chingeltei hat
entschieden, dass zwei heute fünfjährige Mädchen ihren biologischen Eltern
zurückgegeben werden müssen.
1997 wurden in der Geburtsklinik des Khuvsgul-Aimags zwei junge Frauen fast
gleichzeitig von ihren Babys entbunden, die offensichtlich der jeweils falschen
Mutter zugeordnet wurden.
Das eine Mädchen, Uranzaya, kam mit einem geistigen Defekt auf die Welt, das
andere Mädchen, Minj-Od, ist gesund. Die biologischen Eltern von Minj-Od
forderten ihre Tochter zurück und wandten sich an das Gericht.
B. Purevtuya, die „falsche" Mutter von Minj-Od, weigert sich, das Kind
herauszugeben. Sie lebt mit Mann und Kind mittlerweile in Ulaanbaatar. Minj-Od
ist Mitglied der „Jungen Künstler" im Kinderpalast und ein talentiertes
„Schlangenmädchen". Auf die entsprechende Frage entgegnete sie, nicht in
die andere Familie zu gehen und drohte an, von dort wegzulaufen.
Raubüberfall in Bayan-Ulgii
Bei einem Überfall auf eine NIC-Tankstelle
im Deluun-Sum des Bayan-Ulgii-Aimags wurden der Wächter J. getötet und sein
zehnjähriger Sohn schwer verletzt.
Das Verbrechen ereignete sich in der Nacht vom Montag zum Dienstag.
Der Eindringling stach auf den Wachmann ein, bis er das Bewusstsein verlor, dann
zerschlug er den Safe und raubte ihn aus. Seine Beute: 60 000 Tugrug (55 Euro).
Bevor er flüchtete, legte er Feuer, um seine Spuren zu verwischen. In der
Zwischenzeit hatte der schwer verletzte Wachmann für kurze Zeit das Bewusstsein
wieder erlangt, rettete seinen Sohn, schaffte es noch, Hilfe zu rufen. Bevor die
Polizei den Tatort erreichte, war J. seinen schweren Verletzungen erlegen.
Als mutmaßlicher Täter wurde der Bewohner des Deluun-Sums, Kh. Murat,
verhaftet.
Murat und J. waren Bekannte. Am späten Abend kam der angetrunkene Murat in die
Jurte des J., in unmittelbarer Nähe der Arbeitsstelle. Nachts stand M.
plötzlich auf, stach auf den schlafenden J. ein und begann den Safe
aufzubrechen. Der vom Lärm aufgewachte Zehnjährige wurde von dem Täter mit
Messerstichen in die Brust verletzt. Sein Zustand ist unverändert ernst.
MongoleiOnline
Kurfuerstenstr. 54, 53115 Bonn, Germany
Copyright © 1997-2024 Frank Voßen
Last Update: 04. Januar 2024