Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:

Neues aus der Mongolei
vom 30. September bis 6. Oktober 2002

von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar


Eröffnung der Herbstsitzungsperiode des Großen Staatskhurals

Stimmungsvoller Auftakt der Herbstsitzungen des Großen Staatskhurals
Alles begann wie immer: Der Vorsitzende des Großen Staatskhurals, S. Tumur-Ochir, eröffnete die neue Sitzungsperiode des Parlaments. Nachdem die Nationalhymne verklungen war, hielt Staatspräsident N. Bagabandi seine, mit kritischen Tönen gegen die Regierung nicht sparende Rede. Die ersten Tribünengäste verließen den Saal. Zu früh.
Ministerpräsident N. Enkhbayar hatte gerade mit seiner Rede begonnen, als sich der Abgeordnete der Demokratischen Partei, L. Gundalai, von seinem Platz erhob und Rederecht für die Opposition einklagte. Zu diesem Zweck hielt er Handzettel mit eben dieser Forderung und den „von der Regierung gebrochenen Wahlversprechen" in die Höhe.
Enkhbayar unterbrach zunächst seine Rede, ohne auf die Angriffe Gundalais einzugehen, ehe er sich zurück auf seinen Platz begab. Bagabandi verließ nach einer Weile den Ort des Geschehens. Den Einwurf des Vorsitzenden, das Parlament sei nicht die Straße und für politische Diskussionen seien die regulären Sitzungen vorgesehen, ignorierte Gundalai.
Als der stellvertretende Vorsitzende des Khurals, J. Byambadorj, auf ihn zuging und die Zettel an sich nehmen wollte, protestierte er lautstark und wiederholte seine Vorwürfe an die Regierung: Missachtung der Pressefreiheit (eine Journalistin sei zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden), nur minimale Gehalts- und Rentenerhöhungen, kein kostenloses Bildungs- und Gesundheitswesen, korrupte Politiker würden nicht zur Rechenschaft gezogen, den Parlamentariern würden erneut gesetzwidrig Mittel aus dem Staatshaushalt zur Verfügung gestellt, die Armut im Lande sei gestiegen, der Mord an S. Zorig immer noch nicht aufgeklärt. Es sei undemokratisch, der „Minderheit" im Parlament kein Rederecht einzuräumen. Der Große Staatskhural sei das Parlament für das ganze Volk und nicht nur für die MRVP.
Tumur-Ochir wies wiederholt darauf hin, laut Verfassung könnten nur mindestens acht Abgeordnete eine Fraktion bilden, die dann auch ein Rederecht hätten.
Zurzeit sitzen vier Oppositionsabgeordnete im Staatskhural, die drei verschiedenen Parteien angehörten. Nur zwei von ihnen nahmen an der Eröffnungssitzung teil. Neben Gundalai noch B. Erdenebat, Gründer und Vorsitzender der Neuen Sozialistischen Partei. S. Oyun, die Vorsitzende der Bürgermut-Demokratischen Partei, protestierte durch Nichterscheinen gegen die Behinderungen der Opposition sowie die Politik der Regierung, J. Narantsatsralt von der Demokratischen Partei befand sich auf einer Dienstreise.
Nur wenige Abgeordnete der regierenden MRVP widersprachen Gundalai.
Schließlich unterbrach Tumur-Ochir die Sitzung für eine Stunde. Nach der Pause konnte Enkhbayar seine Rede ohne Zwischenfälle und ohne auf die Kritik einzugehen, beenden. Er bemängelte die Tatsache, dass nur in etwa der Hälfte aller Sums Kooperationsgemeinschaften gegründet worden seien und 80 Prozent der Viehhalter ihre Wirtschaft traditionell, also nomadisch, betrieben. Der allmähliche Übergang zu einer mehr intensiven Viehwirtschaft würde immer drängender.
Alle mongolischen Medien berichteten ausführlich über den Verlauf der ersten Herbstsitzung, Gundalai, aber auch andere Abgeordnete, konnten sich vor Interviewwünschen kaum retten.
Viele Mongolen sprachen dem Oppositionsabgeordneten ihre Hochachtung aus, es gab aber auch Stimmen, die ihn als „begnadeten, aber skrupellosen Selbstdarsteller" bezeichneten.


S.-Zorig-Denkmal

Vor vier Jahren wurde S. Zorig ermordet
Am 02. Oktober 1998 wurde der Parlamentsabgeordnete und geschäftsführende Infrastrukturminister, Sanjaasurengiin Zorig, in seiner Wohnung ermordet. Bis heute konnte der Mord nicht aufgeklärt werden, obwohl mehrere Sonderkommissionen damit befasst waren.
Die jüngere Schwester des Ermordeten, die Abgeordnete im Großen Staatskhural und Vorsitzende der Bürgermut-Republikanischen Partei, S. Oyun, hat vorgeschlagen, den zweiten Oktober als Tag des Kampfes gegen Gewalt zu begehen.
Mehrere hundert Menschen versammelten sich am Nachmittag des zweiten Oktobers vor dem Denkmal des Politikers unweit des Sukhbaatarplatzes, um Kränze niederzulegen und seiner zu gedenken.
Die Mutter von S. Zorig hat sich in einem offenen Brief an den Präsidenten, den Parlamentsvorsitzenden und an den Ministerpräsidenten mit der Bitte gewandt, dafür zu sorgen, dass der Tod ihres Sohnes gesühnt wird.

90 Prozent der Blinden leben unterhalb der Armutsgrenze
Anlässlich des „Tages des weißen Stockes" am 15. Oktober, organisierte der Blindenverband der Mongolei am 01.10. eine Pressekonferenz, um auf die schwierigen Lebensumstände der Blinden und Sehschwachen im Lande aufmerksam zu machen.
Nach offiziellen Angaben lebten in der Mongolei 3 500 blinde Bürger, die monatlich 10 bis 18 500 Tugrug Sozialhilfe bekämen, das reiche nicht zum Leben, sagte Z. Boldsaikhan, der Verbandsvorsitzende. Nur etwa 70 von ihnen hätten einen Arbeitsplatz. 90 Prozent der Blinden und Sehschwachen müssten unterhalb der Armutsgrenze leben.
Bis zum 15. Oktober plant der Blindenverband eine Reihe von Veranstaltungen, die die Öffentlichkeit, vor allem die Regierung, für die Nöte der Sehbehinderten sensibilisieren und Möglichkeiten für eine Verbesserung ihrer Lage finden helfen sollen.


Chinggisiin Khuree, 05.10.02

Touristencamp „Chinggisiin Khuree" soll versteigert werden
Das zur „Tsagaan Shonkhor" (Weißer Falke) - Unternehmensgruppe gehörende Touristencamp „Chinggisiin Khuree" bei Ulaanbaatar soll zwangsversteigert werden.
Das teilte ein Mitarbeiter der Handels- und Entwicklungsbank mit. Der Generaldirektor des Unternehmens, Ch. Enkhtaivan, der kürzlich zu sieben Jahren verschärfter Haft verurteilt wurde, hatte 1995 einen Bankkredit über 500 Millionen Tugrug in Anspruch genommen, der bis heute nicht zurückgezahlt wurde.

Auslandsreise
Vom 02. bis zum 12. Oktober reist Ministerpräsident N. Enkhbayar zu offiziellen Staatsbesuchen nach Vietnam, Indonesien und Singapur.
Er wird begleitet von seiner Frau, den Ministern für Wirtschaft und Finanzen sowie Landwirtschaft und Nahrungsgüter, Ch. Ulaan und D. Nasanjargal, den stellvertretenden Ministern für Auswärtige Angelegenheiten, Gesundheit, Industrie und Handel, S. Batbold, Ts. Togoo, N. Udval und O. Erdene, begleitet.

Kofi Annan kommt in die Mongolei
Auf Einladung der Regierung wird der Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, am 16. und 17. Oktober der Mongolei einen offiziellen Besuch abstatten. Dabei wird er sich mit Präsident Bagabandi und Ministerpräsident Enkhbayar zu Gesprächen treffen und im Großen Staatskhural einen Vortrag zum Thema: „Die Verpflichtungen der UNO für die Sicherheit der kleinen Staaten" halten.
Die Mongolei ist seit dem 27. Oktober 1961 Mitglied der UNO.

Mongolisch-deutsche Zusammenarbeit im Bereich Geologie
In der Kabinettsitzung vom 01. Oktober stimmten die Mitglieder der mongolisch-deutschen Regierungsvereinbarung zur Weiterführung verschiedener Projekte der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Geologie und Bergbau zu: Erneuerung des geologischen Zentrallabors, Weiterbildung im Bereich Management, Nichtmetallforschung.
750 000 DM sind dafür zwischen 2001 und 2003 bewilligt worden.

Erste Schule auf dem Land wird 80!
1922 wurde im Sum Altanbulag im Selenge-Aimag die erste allgemeinbildene Schule im ländlichen Raum eröffnet. Unterrichtet wurden 22 Schüler in zwei Klassen. Die Schulzeit dauerte zwei Jahre. Heute lernen hier 850 Schüler acht oder zehn Jahre.

69 Studenten werden exmatrikuliert
Wegen gefälschter Abschlusszeugnisse oder nicht bestandener Aufnahmeprüfungen wurden 69 Studenten die Studienzulassungen für Universitäten, Hochschulen und Colleges entzogen.


B. Batmend als Falstaff

„Die lustigen Weiber von Windsor" in der Mongolei
Am 04. Oktober fand im Opern- und Balletttheater von Ulaanbaatar die Premiere der ersten deutschen Oper auf einer mongolischen Bühne statt.
Präsident N. Bagabandi mit seiner Frau, Minister, Staatssekretäre und ausländische Diplomaten gehörten zu den begeisterten Premierengästen von Otto Nicolais komisch-phantastischer Oper „Die lustigen Weiber von Windsor", nach dem gleichnamigen Lustspiel von William Shakespeare.
Nicht nur aus der mongolischen Provinz kamen die Zuschauer nach Ulaanbaatar, um das Ereignis mit zu erleben. Eine Gruppe von mehr als 20 Mongolei- und Opernfreunden aus Deutschland nahm für die Opernpremiere eine neunstündige Flugreise von Berlin nach Ulaanbaatar in Kauf.
Gefördert wurde das Projekt nicht nur vom mongolischen Regisseur und Intendanten, L. Erdenebulgan, sondern vom „Förderverein der Freunde der Oper zu Ulaanbaatar". Die Vereinsgründung geht auf den Büroleiter der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) in Ulaanbaatar, Dr. H.-H. Sawitzki und den Berliner Rechtsanwalt J. Bärlein, zurück.
Neun Opernfreunde verpassten allerdings die Premiere: Das Flugzeug, das sie von Berlin nach Ulaanbaatar bringen sollte, musste wegen Sturm und Schneefällen einen Zwischenstopp in Peking einlegen.
Einen Tag später, der Himmel war wieder strahlend blau, konnten sie die zweite Vorstellung dafür umso mehr genießen.
Der Botschafter der Bundesrepublik in der Mongolei, Dr. M. Vorwerk, nahm die Musikaufführung zum Anlass, den traditionellen Empfang zum „Tag der deutschen Einheit" in das Opernhaus zu verlegen.

Eine Silber- und sieben Bronzemedaillen für mongolische Sportler
Bei den XIV. Asienspielen in Busan (Korea) haben mongolische Sportler eine Silber- und sieben Bronzemedaillen gewonnen. Ts. Ochirbat gewann die Silbermedaille im Judo bei den Männern bis 90 Kilogramm.
An den Spielen vom 29. September bis 05. Oktober nahmen 137 mongolische Athleten in 18 der 38 Sportarten teil.
Die Veranstalter konnten auf eine Rekordbeteiligung von 9 900 Sportlern aus 44 Ländern, darunter Afghanistan und Osttimor, verweisen.

Zeitumstellung
In der Nacht vom 27. zum 28. September endete in der Mongolei die Sommerzeit. Die Uhren wurden um eine Stunde zurückgestellt.

Wechselkurse vom 02.10.02:
1 US-Dollar = 1 117 Tugrug
1 Euro = 1 093 Tugrug


   

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