Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:
von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar
Eröffnung der Frühjahrssitzungen 2006
Frühjahrssitzungen des Großen Staatskhurals
eröffnet
Nach einer Begrüßungsrede und dem Erklingen
der Nationalhymne eröffnete der Vorsitzende des Großen Staatskhurals, Ts.
Nyamdorj, am 05. April die diesjährigen Frühjahrssitzungen des Großen
Staatskhurals (Parlament der Mongolei).
Zu Beginn der Sitzung hatten die Abgeordneten mit einer Schweigeminute ihres im
März verstorbenen Kollegen O. Enkhsaikhan, der gleichzeitig Vorsitzender der
Bewegung „Meine Mongolische Erde" war, gedacht.
Präsident N. Enkhbayar ging in seiner Rede ausführlich auf die Schwierigkeiten
ein, denen sich die Bürger des Landes ausgesetzt sehen: Hohe Arbeitslosigkeit,
Armut, die eher zu- als abnimmt, aufgeregte, nervöse Diskussionen um den Zustand
der Gesellschaft und eine oft hilflose Führungsschicht.
Enkhbayar ließ auch das am meisten umstrittene Thema, die ausländischen
Investitionen im Bergbau und den Nutzen für die Mongolen selbst, nicht aus.
Wirtschaftswachstum und Armutsreduzierung wären ohne nennenswerte ausländische
Direktinvestitionen nicht zu erreichen und der Bergbau biete da die meisten
Anreize. Die Auswirkungen auf die nationale und soziale Sicherheit, die Umwelt,
die Lebensbedingungen der Menschen würden in der Gesellschaft jedoch ganz
unterschiedlich interpretiert.
Mehrere Bürgerbewegungen äußerten ihren Unmut, ihre Kritik an den
Vertragsverhandlungen und deren Ergebnissen.
Enkhbayar betonte, er würde in seiner Eigenschaft als Staatsoberhaupt und
Vorsitzender des Nationalen Rates für Sicherheit den Interessen des Landes und
seiner Bewohner stets Vorrang einräumen.
Der Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft sei mit der nötigen Konsequenz
zu führen. Bedenklich müsse stimmen, dass das Ansehen der Parteien, staatlichen
Organe und der Politiker weiter gesunken sei. Die Behördenmitarbeiter verstünden
sich nicht immer als Dienstleister, oft fehle es auch an Kompetenz. Dem
Missstand, die eigenen Parteimitglieder bei der Versorgung mit Posten zu
bevorzugen, müsse Einhalt geboten werden.
Zum Abschluss seiner Rede beschwor der Präsident alle Mongolen, die Mitarbeiter
der staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, die Vertreter der
Wirtschaft, all ihre Kraft, Leidenschaft und Fähigkeiten dafür einzusetzen, dass
das 800jährige Gründungsjubiläum des mongolischen Staates und der 844.
Geburtstag des Staatsgründers Chinggis-Khaan (1162-1227) zu einem würdigen
Ereignis wird.
Auch Nyamdorj ging in seiner Rede auf die umstrittene Lizenzvergabepraxis im
Bergbau und die damit erhobenen Korruptionsvorwürfe ein. Eines der
wichtigsten Vorhaben der Sitzungsperiode sei die Verabschiedung des
Antikorruptionsgesetzes. Außerdem sei geplant, weitere 30 Gesetze,
Gesetzesänderungen oder –ergänzungen zu diskutieren und zu verabschieden.
Wegen Umbauarbeiten im Tagungssaal tagten die Abgeordneten im kleineren Saal
„A", für die Angehörigen des Diplomatischen Corps gab es hier keine Plätze. Neu
war auch, dass aufgrund einer Gesetzesänderung der Ministerpräsident kein
Rederecht auf der jeweils ersten Tagung der Frühjahrs- und Herbstsitzungsperiode
mehr hat. Dafür hat er zweimal in der Woche die Möglichkeit, zu den Abgeordneten
zu sprechen. Seine Redezeit beträgt 25 Minuten. Die gleiche Zeit wird dem
Sprecher der Parlamentsminderheit eingeräumt.
68 von 76 Abgeordneten nahmen an der Eröffnung der Frühjahrssitzungen des Großen
Staatskhurals 2006 teil.
Beginn der Violetten Revolution
Demonstrationen rund um das Regierungsgebäude
Pünktlich zur Eröffnung der
Frühjahrssitzungen des Staatskhurals begannen die angekündigten Demonstrationen
gegen Regierung und Parlament.
Vor dem Nordeingang zum Regierungsgebäude hatten sich die „Geschädigten des
SAPU-Handelszentrums" versammelt. Sie fordern von der Regierung Entschädigung
für ihre Verluste, die sie durch den Brand der „Bumbugur-Markthallen" im
Dezember 2005 erlitten haben.
Die Besitzerin der Hallen („Altjin"-Tankstellen, Getränkeproduktion „SAPU")
weigert sich, für die Schäden aufzukommen. Nun fordern die 700 betroffenen
Standmieter Entschädigung vom Staat.
Sukhbaatarplatz am 09.04.06
Auf dem Sukhbaatarplatz demonstrierten die Anhänger
der Bewegungen „Konsequente Reformen" (Erneuerung sofort – mong.: Ers shinchlel),
„Meine Mongolische Erde", „Gesunde Gesellschaft", „Grüne Partei der Mongolei" u.
a. gemeinsam. Sie trugen Plakate mit Losungen wie: „Das Volk hungert", „M.
Enkhbold, Verschacherer mongolischen Bodens, treten Sie zurück!" „Friedlands
Spielball Enkhbayar, treten Sie zurück!"
Die Wut der Demonstranten, die die Farbe des Altaiveilchens zur Symbolfarbe
gewählt haben, richtet sich vor allem gegen „Ivanhoe Mines", ein kanadisches
Bergbau-Konsortium und dessen Generaldirektor, Robert Friedland. „Ivanhoe Mines"
baut Bodenschätze (Gold und Kupfer) im Mittelgobiaimag - „Oyu Tolgoi" - ab. Die
Kritiker wenden sich gegen die Verträge, die den Investoren angeblich 98 Prozent
der Erträge zusprechen.
Zwischen den Führern der verschiedenen Bürgerbewegungen gibt es unterschiedliche
Meinungen zur richtigen Organisationsform – einige wollen eine Partei gründen –
und die Hauptangriffsziele. Soll das Parlament aufgelöst werden? Soll die
Regierung zurücktreten?
Die Demonstranten haben mit einem Hungerstreik begonnen. Bis zum Freitag waren
bereits vier Jurten auf dem Sukhbaatarplatz aufgestellt worden.
Es kam zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Mehrere Beamte wurden verletzt,
zwei Demonstranten vorübergehend festgenommen.
Widerspruch aus dem Präsidialamt
Auf einer Pressekonferenz in Ulaanbaatar
verwahrten sich die Berater des Präsidenten gegen Medienberichte („Uls Tur",
Channel 25 - Interview mit Ts. Elbegdorj), in denen Präsident N. Enkhbayar
verleumdet, sein Ruf und damit sein Amt beschädigt würden.
„Unser Präsident hat keinerlei Kontakte zu „Ivanhoe Mines", widersprachen Bilegt,
Mandakhbileg, Lkhagva, Dolgorjav und Tsogtbaatar entsprechenden Unterstellungen.
Weniger Dienstreisen für Gouverneure
Am 02. und 03. April trafen sich die
Vorsitzenden der Aimags und Stadtbezirke von Ulaanbaatar sowie die Vorsitzenden
der örtlichen Khurals in Ulaanbaatar mit den Mitgliedern des Kabinetts,
einschließlich Ministerpräsident M. Enkhbold, zu einer
Informationsveranstaltung.
Enkhbold informierte über die Regierungspolitik und übte harsche Kritik an der
Arbeit der lokalen Machthaber – einen Großteil ihrer Arbeitszeit würden sie auf
Dienstreisen in Ulaanbaatar verbringen, anstatt mit den Bürgern ihrer
Heimatprovinzen.
Die Provinz- und Stadtbezirkschefs beklagten sich ihrerseits über einen Mangel
an selbstständigen Handlungsmöglichkeiten (Finanzen, Richtlinienkompetenz).
Die meisten Vorschläge und Forderungen richteten sich an den Finanzminister. Der
Verteidigungsminister konnte nur drei Vorschläge entgegennehmen.
Höhere Sozialleistungen
Der Vorsitzende des Staatskhurals, Ts.
Nyamdorj, Finanzminister N. Bayartsaikhan und der stellvertretende Chef des
Regierungsamts, J. Sukhbaatar, haben Ergänzungen zum Staatshaushalt 2006
vorgelegt, die möglichst schnell von den Abgeordneten beschlossen werden
sollten: Zahlung eines Kindergeldes (0-18) von monatlich 3000 Tugrug,
Zuwendungen für Verdiente Bürger in Höhe von 50 000 Tg. im Vierteljahr, für
Verdiente Mütter jährlich 50 000 – 100 000 Tg., für junge Ehepaare einmal 500
000 und für jedes Neugeborene einmal 100 000 Tg.
Die nötigen Mittel sollen durch Mehreinnahmen aufgrund gestiegener
Weltmarktpreise für Gold und Kupfer aufgebracht werden.
Gesundheitsminister L. Gundalai hat angeregt, Kindergeld nur an bedürftige
Familien zu zahlen und diesen Betrag dann entsprechend aufzustocken.
Auf der Parlamentsitzung am Freitag wurden die Vorschläge an die Ständigen
Ausschüsse verwiesen.
Mehrere Abgeordnete kritisierten die Vorschläge, da sie die Wahlversprechen der
MRVP einlösten, während dringendere Leistungen zurückgestellt würden.
Neuer Vorsitzender der DP
Der ehemalige Ministerpräsident der
Mongolei, Ts. Elbegdorj, wurde im zweiten Wahlgang zum Vorsitzenden der
Demokratischen Partei gewählt. Er setzte sich gegen E.Bat-Uul durch.
R. Gonchigdorj war zuvor nicht ganz freiwillig zurückgetreten.
„Comprehensive Partnership" zwischen Deutschland
und der Mongolei
Am 03. und 04. April fand das erste
Konsultativtreffen zwischen den Außenministerien der Bundesrepublik Deutschland
und der Mongolei statt.
Die deutsche Delegation wurde von Ministerialdirigent Dr. P. Christian
Hauswedell, Beauftragter für Asienpolitik im Auswärtigen Amt, geleitet.
Er und der deutsche Botschafter in der Mongolei, Ulrich Dreesen, äußerten große
Zufriedenheit über die Ergebnisse der Gespräche.
Beide Seiten hoben die Tatsache hervor, dass Deutschland zum „dritten Nachbarn"
(mong.: guravdakh khursh, engl.: comprehensive partner), zum „umfassenden
Partner" der Mongolei erklärt wurde und in Zukunft politisch, wirtschaftlich,
kulturell und militärisch noch enger zusammengearbeitet werden wird.
Für alle genannten Bereiche sind jährliche Konsultativtreffen geplant.
Zum wiederholten Mal betonten die Mongolen, Deutschland sei ihr wichtigste
Partner (tunsh) in Europa.
Der damalige Bundespräsident R. Herzog war das erste Staatsoberhaupt der „Großen
7", das der Mongolei einen offiziellen Staatsbesuch abstattete (1998).
Die guten Beziehungen zwischen Deutschland und der Mongolei würden nicht zuletzt
dadurch gefördert, dass 35 000 Mongolen Deutsch sprechen.
Weitere Ergebnisse des Treffens:
Im Juni 2006 findet das erste Konsultativtreffen zu Fragen des Handels und von
Direktinvestitionen statt.
Aus Anlaß des 800jährigen Gründungsjubiläums des mongolischen Staates und in den
Jahren danach werden hochrangige Vertreter beider Staaten offizielle Besuche im
jeweiligen Partnerland absolvieren.
Deutschland unterstützt das Vorhaben, in Ulaanbaatar eine Vertretung der EU zu
eröffnen.
V. l. A. Streit, A. Tserenchuluun, D. Gärtner, E. Zschacke, A.
Bayartstseg, Ts. Batmunkh
Bildungsmesse in Ulaanbaatar
Am Freitag, dem 07. April, begann im
Russischen Kultur- und Wissenschaftszentrum in Ulaanbaatar die Internationale
Bildungsmesse 2006.
Bis zum 09. April werben Universitäten, Hochschulen, allgemeinbildende Schulen
und Colleges um Schüler und Studenten für ihre Bildungs- und
Weiterbildungsangebote.
Die Goethe-Schule Ulaanbaatar, der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD)
und die Mongolisch-Deutsche Brücke e. V. haben mit finanzieller Unterstützung
der deutschen Botschaft einen Gemeinschaftsstand errichtet, um sich und ihre
Leistungsangebote vorzustellen: Unterricht in deutscher Sprache in verschiedenen
Fächern mit der Möglichkeit, ein in Deutschland anerkanntes Sprachzertifikat zu
erwerben, Deutschunterricht an der Staatsuniversität und an der Universität für
Geisteswissenschaften, Beratung bei der beruflichen Reintegration mongolischer
Staatsbürger, Übersetzen in Mongolisch und Deutsch. Die Schüler und Studenten
haben nicht nur Gelegenheit, in der deutschen Sprache von Muttersprachlern
unterrichtet zu werden, zu den Lehrangeboten gehören auch deutsche Literatur und
Geschichte.
Flugplatz umbenannt
Seit drei Monaten trägt der Internationale
Flughafen von Ulaanbaatar den Namen des Stammesführers, Staatsgründers und
Weltenherrschers „Chinggis-Khaan".
Chinggis-Khaan, eigentlich Temujin, wurde im Jahr 1162 als ältester Sohn eines
einflussreichen Steppenadligen geboren. Nachdem er alle mongolischsprachigen
Stämme (1189), später alle Stämme der zentralasiatischen Steppe unter seiner
Herrschaft vereinigt hatte (1206), eroberten er und seine Nachfolger China,
große Teile Europas, Süd-, Ost- und Westasiens. Chinggis-Khaan starb im Jahr
1227 an den Folgen eines Jagdunfalls (der Legende nach in der Hochzeitsnacht mit
der Tochter des tangutischen Königs, der zuvor mitsamt seinem Reich dem
Strafgericht des Mongolenkhaans zum Opfer gefallen war).
Die auf Befehl Chinggis-Khaans hin errichtete erste Hauptstadt des
Mongolenreiches, Khar Khorum (Karakorum) am Fuße des Khangai-Gebirges,
entwickelte sich schnell zum internationalen Attraktionspunkt der damaligen
Zeit.
Das Jahr 2006 steht in der Mongolei ganz im Zeichen der Feierlichkeiten zum 800.
Gründungsjubiläum des mongolischen Staates.
Im November soll der Chinggis-Khaan-Komplex auf dem Sukhbaatarplatz fertig
gestellt sein.
Gantogoo wird „Miss Kilimandscharo"
Die 19jährige B. Gantogoo wurde bei einem
Schönheitswettbewerb in Daressalam (Tansania) zur „Miss Kilimandscharo" gekürt.
Der Wettbewerb wird jährlich vom Welttourismusverband mit Sitz in London
organisiert.
In diesem Jahr haben sich 159 junge Frauen aus 118 Ländern am Kampf um die
verschiedenen Titel und Auszeichnungen beteiligt.
Gantogoo wurde außer „Miss Kilimandscharo" noch Zweite im Gesamtwettbewerb und
als beste Nationaltrachtträgerin ausgezeichnet.
Die von der jungen Mongolin vorgeführten Kleider stammen aus den
Designerwerkstätten N. Soyolmaas und D. Suvd-Erdenes.
Aus Daressalam in die Heimat zurückgekehrt, wurde B. Gantogoo von der
Chinggis-Khaan-Akademie zur „Chinggis-Prinzessin" ernannt.
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Last Update: 04. Januar 2024