Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:
von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar
Naadameröffnung 2006
Naadam in der Mongolei
Am 11. Juli, um 11:00 Uhr, eröffnete Präsident Nambaryn Enkhbayar im
Zentralstadion von Ulaanbaatar traditionsgemäß das Nationalfest der Mongolen –
Naadam, das in diesem Jahr fast ausschließlich im Zeichen Chinggis-Khaans und
des 800-jährigen Gründungsjubiläums des großmongolischen Staates stand.
Die Spitze des Festumzuges im Zentralstadion. 11.07.
Nachdem die Neunschwänzige Weiße Staatsbanner aufgepflanzt und die Nationalhymne verklungen waren, folgte eine mitreißende farbenprächtige Show, die historische, phantastische und moderne Elemente präsentierte: Schamanentänze, atemberaubende Kunststücke vorführende Reiter, junge Sportler, die auf dem Stadionrasen herumwirbelten, Langliedsänger und Pferdekopfgeigenspieler sowie ein Festumzug mit Pferden, Gers, Kriegern, Königen und Königinnen.
Chinggis-Khaan-Komplex
Am Tag zuvor war auf dem Sukhbaatarplatz eine 5,5
Meter hohe Chinggis-Khaan-Statue, die den neuen Repräsentationsbau vor dem
Regierungsgebäude in Ulaanbaatar dominiert, mit großem Pomp eingeweiht worden.
Flankiert wird der Übervater aller Mongolen von Khubilai und Ugedei Khan sowie
zwei Reiterstandbildern seiner wichtigsten Generäle.
Nach den offiziellen Zeremonien stürmten die Mongolen, die stundenlang rund um
den Sukhbaatarplatz auf das Ereignis gewartet hatten, die zum Chinggis-Denkmal
führende breite Freitreppe. Jeder versuchte, die Statue zu berühren, kleinen
Kindern wurde noch schnell ein Kurs in mongolischer Geschichte verabreicht.
Von den angekündigten Protestdemonstrationen war in der Festwoche nichts zu
merken. Auf Straßen und Plätzen der Hauptstadt tummelten sich zwar viele
Menschen, aber die wollten feiern, fröhlich sein, sehen und gesehen werden.
280 Staatsgäste aus 32 Ländern feierten mit den Mongolen gemeinsam, der
hochrangigste unter ihnen kam aus Deutschland, Bundestagspräsident Norbert
Lammert.
Prof. T. Dashtseden. Präsidentenempfang am 11.07.
Vor prächtiger Kulisse fand am Abend des 11. Juli
der traditionelle Präsidentenempfang im „Tal des Großen Himmels" statt, auf dem
Sukhbaatarplatz startete zur selben Zeit ein buntes Volksfest mit abschließendem
Feuerwerk.
Den Höhepunkt der Feierlichkeiten bildeten wie in jedem Jahr die
Ringerwettkämpfe. In diesem Jahr waren zehn Runden nötig, ehe die 1024 Ringer –
doppelt so viele wie üblich - ihren Sieger ermittelt hatten: Ulsyn (Landes)
Garuda D. Sumyaabazar besiegte in der neunten Runde Ringeridol Darkhan Avarga B.
Bat-Erdene und in der zehnten den Newcomer, Ulsyn Nachin D. Azjargal. Der hatte
in der Vorschlussrunde keinen Geringeren als den Dalai Avarga G. Usukhbayar
niedergerungen. Vom Ulsyn Nachin wurde Azjargal direkt zum „Ulsyn Arslan"
befördert, hat also drei Titel – Khartsaga (Habicht), Zaan (Elefant) und Garuda
(mythischer Vogel) übersprungen.
Laut Reglement hätte Garuda Sumyaabazar „Arslan" (Löwe) werden können und so
hatte es Präsident Enkhbayar zunächst auch verkündet. Doch die Menschen im
vollbesetzten Zentralstadion forderten lautstark „Avarga soll er werden". Der
Präsident hörte auf Volkes Stimme: Sumyaabazar wurde vom Garuda direkt zum
Avarga gekürt. (Avarga – Meister – entspricht dem höchsten Titel im mongolischen
Ringen, nicht „Arslan" wie oft in deutschen Medien berichtet wird.)
V.l. Azjargal, Sumyaabazar. 13.07.06
Die Naadamwettkämpfe im Ringen 2006 brachten
insgesamt sieben neue „Ulsyn Nachin" (Falke), zwei neue „Ulsyn Khartsaga, drei
neue „Ulsyn Zaan" einen neuen „Ulsyn Arslan" und einen neuen „Ulsyn Avarga"
hervor.
Der neue Avarga ist übrigens der ältere Bruder von Sumostar Asashoryou D.
Dagvadorj.
Auch die Pferderennen in den sechs Altersklassen (der Pferde) sowie die
Wettbewerbe im Bogenschießen und Knöchelwurf verliefen im Wesentlichen
reibungslos. Das Wetter trug seinen Teil dazu bei, dass z.B. in diesem Jahr kein
Pferd verendete: Es war nicht so heiß und ab und zu regnete es sogar.
Bundestagspräsident Lammert in der Mongolei
„Wir möchten Ihnen unseren Respekt für die
grandiosen Aufbauleistungen in den letzten 15. Jahren erweisen. Ein
eindrucksvoller Besuch in Ihrem Land, in dem wir nicht nur verlässliche Partner,
sondern auch Freunde gefunden haben, geht zu Ende". Bundestagspräsident Dr.
Norbert Lammert fand herzliche Worte zum Abschluss seines ersten offiziellen
Besuchs in der Mongolei. Er stand an der Spitze einer neunköpfigen Delegation,
der auch drei Abgeordnete der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP
angehörten.
Die Gäste erwartete ein dicht gedrängtes Programm: Gespräche mit Präsident
Enkhbayar, Parlamentsvorsitzendem Nyamdorj und Ministerpräsident Enkhbold, eine
zweitägige Landfahrt in den Khentii-Aimag zu Geschichts- und Kulturdenkmälern im
Stammland der Dschingisiden und zu einem Projekt der deutsch-mongolischen
Entwicklungszusammenarbeit.
Auf einem Empfang in der deutschen Botschaft drückte der Vorsitzende des Großen
Staatskhurals, Tsendyn Nyamdorj, seine Freude und Genugtuung darüber aus, dass
Deutschland mit einer hochrangigen Delegation der Mongolei und ihrem Volk große
Ehre erwiesen habe.
Am letzten Tag seines Aufenthalts nahm der Bundestagspräsident, der gleichzeitig
stellvertretender Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung ist, an der 5.
Konferenz des Mongolisch-Deutschen Forums und der Konrad-Adenauer-Stiftung „Die
Mongolei als Rohstoff- und Energielieferant – Perspektiven für die
deutsch-mongolische Zusammenarbeit" teil. Lammert in seiner Grußansprache: „Die
deutsche Seite ist daran interessiert, dass sich die wirtschaftliche
Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern ähnlich gut entwickelt, wie die
politische."
Lu. Bold, P. Ochirbat, Th. Schrapel, N. Lammert, U. Dreesen
„Investieren im mongolischen Bergbausektor"
Auf der o. g. Konferenz zu Möglichkeiten
für eine deutsch-mongolische Zusammenarbeit im Rohstoff- und Energiesektor
versammelten sich am 14. Juli in Ulaanbaatar deutsche und mongolische Fachleute,
um über Strategien bei der Rohstoffversorgung, die Perspektiven der Kohle als
Energieträger in Deutschland und in der Mongolei sowie über Möglichkeiten des
Technologietransfers von Deutschland in die Mongolei zu debattieren.
Mit Referaten vertreten waren das Ministerium für Brennstoffe und Energie, das
Amt für Mineralische Rohstoffe und Erdöl der Mongolei mit seinem Vorsitzenden,
L. Bold, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, der
Gesamtverband des deutschen Steinkohlebergbaus und die Ruhrkohle AG.
Die Mongolen sind nach wie vor sehr an mehr deutschen Direktinvestitionen
interessiert und werben mit günstigen Bedingungen im mongolischen Bergbau,
gerade angesichts der angespannten internationalen Situation bei der
Energieversorgung.
Bereits im Herbst wollen beide Seiten ihre Gespräche in Berlin fortsetzen.
Dr. Puntselmaagiin Ochirbat, Präsident des Mongolisch-Deutschen Forums,
Botschafter Ulrich Dreesen und Dr. Thomas Schrapel, der Landesbeauftragte der
Konrad-Adenauer-Stiftung, äußerten im Anschluss an die Konferenz einhellig ihre
Zufriedenheit mit dem Verlauf der Beratungen. Sie seien konstruktiv und
informationsreich gewesen und böten gute Voraussetzungen für die Fortführung der
Gespräche.
„Ich bleibe im Finanzministerium."
Der Staatssekretär im Finanzministerium,
Ch. Khurelbaatar, ist als einer der möglichen Nachfolger für das Amt des
Mongolbankpräsidenten im Gespräch.
In einem Interview, das er mongolischen Pressevertretern gab, nahm er Stellung
zu Fragen des Finanzsystems der Mongolei im Allgemeinen, der Kredit- und
Investitionspolitik im Besonderen, zu Erfolgen und Fehlentscheidungen .
Genugtuung äußerte er über die erfolgreichen Reformen im Finanzsektor hin zu
einer modernen staatlichen Finanzpolitik, die mehr Rechtssicherheit gebracht
hätte.
Länder wie Kambodscha u. a. seien an einem Erfahrungsaustausch mit der Mongolei
über diese Reformen interessiert.
Betrug das Haushaltsdefizit vor sechs Jahren noch 12% vom BIP, hätte es sich von
Jahr zu Jahr verringert. Im vergangenen Jahr hätte der Haushalt zum ersten Mal
ein Plus ausgewiesen.
Russland, die Weltbank, die Asiatische Entwicklungsbank, Japan und andere Geber
bzw. Wirtschaftspartner behandelten die Mongolei nicht wie die armen Länder
Afrikas, die mongolische Wirtschaft stünde auf einer ungleich höheren Stufe,
deshalb käme eine Schuldenannullierung für die Mongolei nicht in Betracht. Die
Auslandschulden beliefen sich auf 1,3 Milliarden Dollar und würden Jahr für Jahr
pünktlich bedient.
Bis 1990 hat die Mongolei 85% ihres Außenhandels mit der Sowjetunion
abgewickelt. In den vergangenen 16 Jahren hätten sich Handelsbeziehungen mit 70
Ländern entwickelt.
Nicht immer seien Kredite nutzbringend ausgegeben worden. Ein in Dalanzadgad,
dem Zentrum des Südgobiaimags, entstandenes Wäremekraftwerk produziere viel zu
teuer und arbeite zudem nicht zuverlässig.
Die heftig kritisierte Kreditvereinbarung mit China über 300 Millionen US-Dollar
verteidigte der Staatssekretär. Beide Seiten hätten intensive Verhandlungen
hinter sich. Das Geld soll für die Errichtung eines Wasserkraftwerkes am
Egiin-Gol ausgegeben werden. Für 20% der 300 Millionen bürge die mongolische
Regierung, für 80% die chinesische. Das sei doch eine für die Mongolei günstige
Vereinbarung.
Das so genannte 68%-Gesetz, das eigens für den Fall plötzlich steigender
Weltmarktpreise für Gold, Kupfer und Kohle beschlossen wurde (Windfall Profits
Tax), sei im Finanzministerium auf wenig Gegenliebe gestoßen. Es schade der
wirtschaftlichen Entwicklung der Mongolei und diente wohl lediglich dem Ziel,
populistischen Wahlversprechen eine finanzielle Basis zu geben.
Auf seine Chancen angesprochen, künftig im Chefsessel der Mongolbank zu sitzen,
winkte Khurelbaatar ab. Es stimme, er stamme wie der Vorsitzende des Großen
Staatskhurals, Ts. Nyamdorj, aus dem Uvs-Aimag, er schätze dessen Arbeit, aber
er sei kein Mensch, der „in der Tasche irgendeines anderen stecke." Er arbeite
gern im Finanzministerium, die Erfolge machten ihn und alle Kollegen stolz, doch
es gäbe noch viel zu tun.
Dalai Avarga Sukhbat tritt zurück
Das rundherum gelungene Naadamfest hielt
für die Mongolen doch eine traurige Neuigkeit bereit: Dalai Avarga A. Sukhbat
hat verkündet, die Ringerkleidung für immer abzulegen und sich verstärkt um den
Nachwuchs kümmern zu wollen. Er war für seine Verhältnisse früh aus dem
Wettbewerb ausgeschieden. Mit Tränen in den Augen verabschiedete er sich von
seinem Publikum, er sei durch Verletzungen geschwächt und körperlich nicht mehr
in der Lage, ganz vorn mitzukämpfen, ein Platz im Mittelfeld sei ihm jedoch
nicht genug.
Dieser Rücktritt wurde fast genauso leidenschaftlich diskutiert wie der Sieg des
jungen Sumyaabazars.
Nur wenige glauben, dass Sukhbat bei seinem Entschluss bleibt. Er sei noch jung
und werde weiterkämpfen, so die Verbandsfunktionäre und seine Freunde.
Fußballweltmeisterschaft
Kein Mongole, der nicht seine deutschen
Freunde, Bekannten, Kollegen oder Zufallsbegegnungen auf das Ergebnis der
Fußballweltmeisterschaft hin angesprochen hat. „Gratulation zum dritten Platz,
schade, dass ihr nicht gewonnen habt."
Die Zuschauerquote in der Mongolei wahr vielleicht noch höher als in
Deutschland, wie der Bundestagspräsident scherzhaft meinte. „Wir haben das große
Glück gehabt, zwei der wichtigsten Ereignisse des Jahres live zu erleben. Die
Fußballweltmeisterschaft in Deutschland und die 800-Jahrfeier in der Mongolei."
Auch Präsident Enkhbayar hat sich die Zeit genommen, die letzten beiden Spiele
im Fernsehen live zu sehen. Auf die Frage, ob in Zukunft der Fußball dem Ringen
in der Gunst der Mongolen womöglich den Rang abläuft, entgegnete er: „Kaum, wir
sind Mongolen, unser Nationalsport wird immer an erster Stelle stehen".
In Ulaanbaatar können Sie seit neuestem kleine und größere Fahnen in den
mongolischen Landesfarben an mindestem jedem zweiten Auto sehen.
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Last Update: 04. Januar 2024