Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:
von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar
Politbarometer April/Mai 2006
Nach den letzten Umfragen von „Sant Maral"
konnte die DP im Vergleich zur MRVP ihre Quote verbessern, bei Wahlen würde die
MRVP 30,1 % auf dem Land, 21,9 % in Ulaanbaatar, insgesamt 26,4 % der Stimmen
erhalten, die DP käme auf (29,9 auf dem Land, 28,6 in Ulaanbaatar) insgesamt
29,3 % der Stimmen.
Der beliebteste Politiker in Ulaanbaatar ist der DP-Vorsitzende Ts. Elbegdorj
(42 %), ihm folgt Präsident N. Enkhbayar (34,9 %), Dritter ist
Gesundheitsminister L. Gundalai (25,5 %). Auf dem Land sieht die Reihenfolge so
aus: Enkhbayar 40,9 %, Elbegdorj 39 %, Ts. Nyamdorj (Vors. Des Großen
Staatskhurals) 27,3 %.
Die beliebteste Partei ist nach wie vor die MRVP (27,5 %), die DP kommt auf 23,
8 %. Interessant ist aber die Entwicklung seit Januar 2006: MRVP 31 %, DP 8,1 %,
im März kam die MRVP immer noch auf 30,4 %, die DP auf 16,8 %.
Befragt worden waren 1 729 Personen aus Ulaanbaatar, Arkhangai, Uvs, Khentii und
Umnugov’.
Finanziert wurde die Umfrageaktion von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS).
Ein Parlamentssitz und drei Ministerposten
Nach drei Monaten Vakanz wurde mit S.
Otgonbayar der letzte Ministerposten im Kabinett Enkhbold besetzt. Der
ursprüngliche Vorschlag von B. Erdenebat (Vorsitzender der Mutterlandpartei, „Erel"-Chef,
einziger Abgeordneter seiner Partei, Minister) wurde abgelehnt, nun wurde doch
ein Mitglied der Mutterlandpartei ernannt. Bei der Abstimmung im Großen
Staatskhural erhielt er alle Stimmen der anwesenden 43 Abgeordneten.
Otgonbayar wurde 1961 in Ulaanbaatar geboren, ist Druckereiingenieur und Ökonom.
Auf die Frage, ob der Ministerposten als Dank für seine Mitwirkung am Sturz der
Elbegdorjregierung zu verstehen sei, antwortete er, das glaube er nicht. Er sei
als kompetenter Fachmann berufen worden.
Es gäbe darüber hinaus Gerüchte, er sei „ein Mann der MRVP". Otgonbayar darauf:
„Ich wurde im Namen der Mutterlandpartei berufen."
Polizei räumt Sukhbaatarplatz
In den frühen Morgenstunden des 10. Mai, um
4:40 Uhr, begann die Polizei des Sukhbaatardistrikts die sechs Gers (Jurten) auf
dem Platz abzubauen. Dabei gingen die Polizisten nicht zimperlich vor. Die Gers
wurden zum größten Teil zerstört. Vier Mitglieder der Grünen Partei der
Mongolei, die sich in der Jurte der „Front der Ehrlichen Bürger" aufhielten
wurden festgenommen. Am Montag Vormittag konnte ihnen etwas zum Essen gebracht
werden, danach wurden sie für weitere 72 Stunden festgesetzt.
Mitstreiter der Festgenommenen informierten darüber, dass diese geschlagen und
beleidigt worden seien. Sollten mongolische Gerichte die Vorwürfe nicht
überprüfen, werde man sich an den internationalen Gerichtshof wenden.
In der Nacht zum Montag hatte heftiger Schneefall eingesetzt, der den ganzen Tag
über anhielt.
Der koreanische Staatspräsidenten wurde am Sonntag Abend vom mongolischen
Außenminister auf dem internationalen Flugplatz von Ulaanbaatar empfangen, am
Vormittag. fand auf dem Sukhbaatarplatz die übliche Begrüßungszeremonie statt..
Der verantwortliche Polizeioffizier wies Vorwürfe, wonach die nächtliche
Räumungsaktion Bürgerrechte verletzt hätte, zurück: Die Demonstranten seien
wiederholt aufgefordert worden, den Platz zu räumen und ihre Jurten abzubauen.
Die Polizisten hätten nach Recht und Gesetz gehandelt, sich ordnungsgemäß
ausgewiesen und Uniform getragen. Eventuelle Schäden an den Gers und am Eigentum
würden von der Polizei ersetzt werden.
Die hungerstreikenden „SAPU-Opfer" hatten ihr Domizil, nachdem sie vom
Sukhbaatarplatz vertrieben worden waren, auf das Betriebsgelände der „Altjin-SAPU-Gruppe"
verlegt. Hier kam es in den vergangenen Tagen zu Rangeleien und Schlägereien
zwischen den SAPU-Opfern und Firmenangestellten. Die Auszahlung der
Entschädigungen sei bis auf Weiteres eingestellt worden, teilte eine
Unternehmenssprecherin mit.
Diskussion um Steuererhöhungsgesetz für Gewinne aus
dem Gold- und Kupferhandel
Auf der Sitzung des Wirtschaftsausschusses
wurde zum wiederholten Male über einen Gesetzesentwurf diskutiert, der im Falle
einer plötzlichen Erhöhung der Weltmarktpreise für Kupfer und eventuell für
andere Bodenschätze, eine höhere Umsatzsteuer vorsieht.
Im Parlament befürchten einige Mitglieder negative Reaktionen
erdölexportierender Länder wie Russland oder den Unmut der Investoren, andere
halten dagegen, es ginge allein um mongolische Interessen und die Mongolei
müsste ebenfalls mit höheren Kosten für Erdöl oder andere Rohstoffe rechnen.
Auf der Sitzung des Großen Staatskhurals am 12. Mai wurde das Gesetz endgültig
beschlossen. Die Begriffe „Gold" und „Kupfer" fehlen jetzt im Gesetzesnamen, es
ist nur allgemein von …Preiserhöhungen bei einigen Produkten…die Rede.
Von den 45 anwesenden Abgeordneten stimmten 77,8 % für das Gesetz.
Tage der Offenen Tür
Vom 11. -13. Mai fanden auf dem
Sukhbaatarplatz „Tage der Offenen Tür" der Kultur-, Kunst- und
Bildungseinrichtungen der Mongolei statt. Museen, Galerien, der Nationalzirkus,
Universitäten, Hochschulen, Colleges und die allgemeinbildenden Schulen stellten
ihre Angebote und Besonderheiten vor, informierten über Prüfungen und andere
Aufnahmebedingungen, gaben Ratschläge und Informationen.
Organisiert wurde die Veranstaltung vom Ministerium für Bildung, Kultur und
Wissenschaft.
An der Eröffnungsveranstaltung am Freitag nahmen Ministerpräsident Enkhbold und
Bildungsminister U. Enkhtuvshin teil.
Geboten wurde ein buntes Programm mit Darbietungen des
Pferdekopfgeigenensembles, Vorführungen von Artisten, Schauspielern,
Opernsängern und –sängerinnen. Acht Reiter, die acht engsten Gefolgsleute
Chinggis-Khaans verkörpernd, fehlten ebenso wenig wie die Präsentation
verschiedener Schuluniformen.
Friedensbrücke wird saniert
Am 12. begannen die Instandsetzungs- und
Verschönerungsarbeiten an der „Brücke des Friedens" in Ulaanbaatar. Der
entsprechende Beschluss war bereits 2003 gefasst worden.
China hat für die Arbeiten nichtrückzahlbare finanzielle Mittel zur Verfügung
gestellt.
Der südliche Nachbar der Mongolei hatte seinerzeit die Brücke gebaut, es gibt
also keine Schwierigkeiten hinsichtlich der technischen Herausforderungen.
Oberbürgermeister Ts. Batbayar versprach, dass die Brücke in der Zeit der
Naadamfeierlichkeiten problemlos passiert werden kann.
Am Sonntag, den 14. Mai, war von irgendwelchen Arbeiten an der Brücke noch
nichts zu bemerken.
„MIAT"-Chef abgelöst
Auf der Sitzung des „Komitees für
Staatliches Eigentum" am 11. Mai, fassten die Mitglieder den Beschluss, den
Direktor der nationalen Flugverkehrsgesellschaft „MIAT", B. Tsogoo, von seiner
Funktion zu entbinden.
Ein Nachfolger wurde noch nicht berufen.
Zwei Mütter gestorben
Innerhalb weniger Tage sind in der
Geburtsklinik Nr. 2 in Ulaanbaatar zwei Frauen bei der Entbindung gestorben.
Am vergangenen Donnerstag starb eine 19-Jährige bei der Geburt ihres ersten
Kindes, am 12. eine 26-jährige Frau ebenfalls bei der Geburt ihres ersten
Kindes.
Beide Male hatte dieselbe Ärztin Dienst. Die Angehörigen der verstorbenen Frauen
haben Anzeige wegen fahrlässiger Tötung erstattet.
845 Spar- und Kreditgenossenschaften
Nach der politischen Wende sind in der
Mongolei Spar- und Kreditgenossenschaften „wie Pilze nach dem Regen aus dem
Boden geschossen".
Zur Zeit gibt es 845 solcher Geldinstitute, die offensichtlich kaum kontrolliert
werden.
Ursprünglich war dafür die Mongolbank verantwortlich, seit kurzem ist es die
Finanzkommission.
Nicht alle diese Genossenschaften gehen mit dem Geld ihrer Mitglieder
verantwortungsbewusst um. Teils gingen hohe Summen durch falsches Wirtschaften,
teils durch kriminelle Machenschaften verloren. Die Inhaber haben sich mit den
ihnen anvertrauten Geldern ins Ausland abgesetzt, einige sitzen in Haft. Die
Geschädigten fordern deren Freilassung, damit sie sich um die Wiederbeschaffung
des Geldes kümmern können!
Einer der gefassten Betrüger soll 220 000 Dollar auf einem Schweizer Bankkonto
deponiert haben. Nun hoffen manche doch tatsächlich, dass er, erst einmal aus
der Haft entlassen, in die Schweiz reisen, das Geld abheben und seinen
Gläubigern auszahlen könnte.
Beim jüngsten Fall handelt es sich um die „Glob Kredit" mit 900 Mitgliedern, die
Verluste sollen neun Milliarden Tugrug betragen. Die Opfer wollen vom Staat
entschädigt werden und drohen mit Hungerstreiks.
Experten wenden ein, dass der Staat nicht die Rolle des „zahmen, sanften Kamels,
das leicht zu scheren ist", spielen darf. Er sollte jedoch für Regelungen
sorgen, mit denen sich die Tätigkeit von Finanzdienstleistern kontrollieren
lässt.
Heineprogramm im Brauhaus. V.l. Zoljargal
„Leise zieht durch mein Gemüt…"
Das hätte sich wohl selbst ein so weit
blickender und phantasiebegabter Dichter wie Heinrich Heine (1797-1856) nicht
vorstellen können: Seine Verse werden 150 Jahre nach seinem Tod von jungen
Mongolen und Mongolinnen im fernen Zentralasien interpretiert, seine Briefe und
Essays nicht nur gelesen, sondern studiert.
Zu danken ist das auch zwei Germanisten und Deutschlehrern, die eine, Dr. Antje
Streit, unterrichtet an der Mongolischen Staatsuniversität, der andere, Dr.
Detlef Gärtner, an der Universität für Geisteswissenschaften in Ulaanbaatar.
Beide arbeiten seit gut einem Jahr im Auftrag des Deutschen Akademischen
Austauschdienstes (DAAD) in der Mongolei.
Ihre Idee, einen Heinrich-Heine-Rezitationswettbewerb zu organisieren und
gemeinsam mit ihren Studenten einen Heine-Abend zu gestalten, motivierte nicht
nur Schüler und Studenten ihr Deutsch zu verbessern. Für die deutsche Gemeinde
in Ulaanbaatar war es Vergnügen und Anregung zugleich, sich wieder einmal mit
der Deutschen liebstem Dichter zu befassen.
Botschafter Ulrich Dreesen, Juryvorsitzender, erwähnte in seiner Begrüßungsrede
vor Beginn des Endausscheides um die beste Interpretation eines Heinegedichts,
dass das nicht immer so war. Zu Lebzeiten wurde der Künstler heftig angegriffen,
er flüchtete in das liberalere Frankreich.
Neun Studenten und Schüler der Staatsuniversität, der Universität für
Geisteswissenschaften, der Otgontenger-Universität, der TU, der 38., 18. und der
Goethe-Schule stellten sich am 10. Mai in den Räumen der deutschen Botschaft dem
Urteil einer Jury, der neben dem Botschafter, mongolische Lehrer und Schüler
sowie eine Praktikantin aus Österreich angehörten. Insgesamt konnten sie 100
Punkte für Interpretation, Gestik, Mimik und Sprachbeherrschung vergeben.
T. Altanshagai
A. Erdenebulgan
Jury und Publikum waren sich einig: T. Altanshagai,
Schülerin der 38. Oberschule in Ulaanbaatar, gewann mit ihren Interpretationen
der „Nachtgedanken" und „Zum armen Lazarus" zu Recht den ersten Preis, A.
Erdenebulgan, Schüler der 7. Klasse an der Goethe-Schule wurde Zweiter mit
„Loreley" und Versen aus dem „Buch der Lieder", über den dritten Platz konnte
sich G. Zoljargal, Studentin im 2. Studienjahr an der Universität für
Geisteswissenschaften, freuen. Sie trug „Nachts in der Kajüte" und „Der arme
Peter" vor. Den Preisträgern wurden ein Lexikon bzw. ein Wörterbuch und eine
Gesamtausgabe von Heinrich Heines Lyrik überreicht. Die Siegerin konnte sich
zusätzlich zu ihrem Lexikon noch über einen Heineband, gespendet von der
deutschen Botschaft, freuen. Erstaunlich selbstbewusst, sprachgewandt, sicher in
Gestik und Mimik zeigten sich die drei Erstplatzierten, aber auch die Vierte und
die Fünfte hätten dem einen oder anderen deutschen Schüler durchaus Konkurrenz
bieten können.
„Sie war mein Weib und Kind zugleich. Mathilde – ein Leben um Heinrich
Heine", unter dieses Motto hatten die Studenten, Studentinnen und Lehrer an
der Universität für Geisteswissenschaften ihr Programm gestellt, das sie am 11.
Mai aufführten. Mit Zitaten aus Briefen, mit Liedern, Gedichten und Balladen
erinnerten die Mitwirkenden an die innige, bewegte und bewegende Liebesbeziehung
zwischen Mathilde (eigentl. Crescence Mirat) und Heinrich Heine. Dabei gelang es
ihnen, die Einzigartigkeit Heines, Gefühle und Erlebnisse ironisch zu brechen
und poetische Illusionen durch geistreiche Pointen zu zerstören, aufschimmern zu
lassen.
Den Raum für die unterhaltsame, auch berührende Veranstaltung hatte Klaus Bader
im „Brauhaus" zur Verfügung gestellt, ebenso sorgte er für einen Imbiss und
Getränke.
Sumoturnier in Tokio
Beim Maiturnier der Sumoringer in Tokio
wird es in jedem Fall einen neuen Sieger geben. Großmeister Dagvadorj kann wegen
einer Verletzung nicht teilnehmen. Nach sechs Kämpfen liegt ein Japaner (6:0)
allein an der Spitze. Davaajargal, Byambadorj und Khuchitbaatar haben jeweils
einen Kampf verloren.
Ulaanbaatar am 08. Mai 2006
Wetter
Nachdem es am 08. Mai in Ulaanbaatar den
ganzen Tag über geschneit hatte, die Temperaturen unter Null Grad gesunken
waren, herrschten am Sonntag, den 14. Mai, sommerliche Temperaturen bis 25 Grad.
Dieses sommerliche Wetter herrschte ab der zweiten Wochenhälfte in weiten teilen
des Landes.
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