Neues aus der Mongolei
2. bis 8. Oktober 2017

Renate Bormann, Berlin


Plötzlicher Wintereinbruch

Eröffnung der Herbstsitzungen der Großen Staatsversammlung
Mit Reden des Vorsitzenden der Staatsversammlung M. Enkhbold und von Präsident Kh. Battulga sind am 02. Oktober die Herbstsitzungen 2017/18 eröffnet worden.
67,1 Prozent der 76 Abgeordneten waren anwesend.
Auf der Gästetribüne hatten Mitglieder des Diplomatischen Corps sowie Repräsentanten internationaler Organisationen Platz genommen.
Außerdem wohnten der Eröffnungssitzung die geschäftsführenden Mitglieder der Regierung, der Generalstaatsanwalt, der Chef und einige Mitglieder des Verfassungsgerichts, der Vorsitzende des Obersten Gerichts und die von der Staatsversammlung berufenen Leiter staatlicher Behörden bei.
Enkhbold beschrieb in seiner Rede die aktuelle wirtschaftliche Lage des Landes und die Verbesserungen bezüglich der Haushaltspolitik sowie die Erfolge bei der Umsetzung des Vertrages mit dem IWF.
Die Staatseinnahmen seien gestiegen, die Wirtschaft im vergangenen halben Jahr um 5,3 Prozent gewachsen.
Mittelfristig werde die Inflationsrate acht Prozent nicht überschreiten.
Nichtsdestotrotz stünden vor der neuen Regierung schwierige Aufgaben.
Die Auslandschulden seien nach wie vor hoch: 19,8 Billionen (ikh nayad) Tugrug, 73,8 Prozent des BIP.
Mit Beginn des nächsten Jahres würden die erste Rückzahlungsrate aus dem „Chinggis" und mit dem „Dim Sam" - Fonds fällig.
Entscheidungen über die Forderungen nach Gehaltserhöhungen für die Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und Kindergärten sowie für die Mitarbeiter im Gesundheitswesen stehen an.
Die schrittweise Erhöhung der Renten und Sozialleistungen, die Verringerung der Arbeitsbelastungen für Lehrer, und medizinisches Personal, die stärkere Berücksichtigung von Fähigkeiten, Arbeitsergebnissen und Arbeitsjahren sind gleichfalls Aufgaben, die die neue Regierung in Angriff zu nehmen habe.
Die Öffentlichkeit erwartet konkrete Maßnahmen und Fristen für die Umsetzung dieser Ziele.
Präsident Kh. Battulga mahnte in seiner Rede die Notwendigkeit einer schnellen Regierungsbildung an.
Die anstehenden Aufgaben und Ziele benötigten schnell kompetente Persönlichkeiten.
Bezüglich der Vertragsvereinbarungen mit dem IWF müssten die Besonderheiten sowie die Interessen der Mongolei stärker berücksichtigt werden.
2015 sei ein Gesetz zur Förderung der nationalen Produktion beschlossen worden.
Leider bisher ohne Ergebnisse.
Der Haushalt 2018 sollte ohne Defizit geplant werden, die Förderung der unterirdischen Reichtümer der Mongolei müsste gemäß Grundgesetz und zum Nutzen der mongolischen Bevölkerung erfolgen.

U. Khurelsukh zum 30. Ministerpräsidenten gewählt
Auf der Sitzung der Großen Staatsversammlung am 04. Oktober wählten die 47 anwesenden Abgeordneten (37 von der MVP, acht von der DP, 1 von der MRVP und ein Parteiloser) Ukhnaagiin Khurelsukh zum 30. Ministerpräsidenten der Mongolei.
Er löst Jargaltulgyn Erdenebat ab.
Nach dem unerwartet hohen Sieg der MVP bei den Parlamentswahlen 2016 stellte die MVP 65 der 76 Abgeordneten und konnte eine Alleinregierung bilden.
Nur ein Jahr und zwei Monate später wurde diese von der eigenen Fraktion gestürzt.
33 MVP-Fraktionsmitglieder hatten gemeinsam mit der DP, dem parteilosen S. Javkhlan und dem MRVP-Abgeordneten Baasankhuu den Rücktritt J. Erdenebats und seiner Minister gefordert in die Wege geleitet.
Nach langen Diskussionen konnte sich der umstrittene ehemalige Vizeministerpräsident U. Khurelsukh (2012 war er nach den für die MVP verlorenen Wahlen als Generalsekretär zurückgetreten) in den MVP-Gremien durchsetzen.
Die meisten der Erdenebat-Unterstützer und Kabinettsmitglieder waren der Abstimmung ferngeblieben.
Präsident Battulga mahnte eine schnelle Kabinettsbildung an.
Das wird jedoch schwierig werden.

Unbestätigten Gerüchten zufolge sähe das zukünftige Kabinett folgendermaßen aus:

  • Shadar Said Ch. Ulaan

  • Regierungskanzlei: D. Sumyabazar

  • Außenminister G. Zandanshatar

  • Finanzminister Ch. Khurelbaatar

  • Umweltminister D. Tsogtbaatar

  • Landwirtschaftsminister D. Terbishdagva

  • Stadtentwicklung und Bauwesen: J. Bat-Erdene

  • Bildung, Kultur, Wissenschaft und Sport U. Enkhtuvshin

  • Verkehr: L. Enkh-Amgalan

  • Bergbau: Ya. Sodbaatar

  • Energie: Ts. Davaasuren

  • Gesundheit ?

  • Arbeit und Soziale Sicherheit ?

Schwierige Regierungsbildung
Bisher konnte sich die MVP-Fraktion noch nicht auf die Zusammensetzung der Regierung unter Khurelsukh einigen.
Auf einer außerordentlichen Fraktionssitzung am 04. Oktober sprach sich der neue Regierungschef für den Verbleib von Außenminister Ts. Munkh-Orgil, Justizminister S. Byambatsogt und Verteidigungsminister B. Bat-Erdene im neuen Kabinett aus.
Der MVP-Vorsitzende M. Enkhbold (Vorsitzender der Großen Staatsversammlung und gescheiterter Präsidentschaftskandidat) hatte nichts dagegen, forderte jedoch das Recht für sich, 50 Prozent der zukünftigen Minister selbst vorschlagen zu können.
Das stieß auf wenig Gegenliebe unter den 32 MVP-Abgeordneten, die den Sturz der Erdenebat-Regierung betrieben hatten.
Geäußert worden war auch der Vorschlag, DP-Minister mit ins Boot zu holen.
Auch dieser Vorschlag wurde abgelehnt.

Treffen U. Khurelsukhs mit Neil Saker
Am 05. Oktober empfing Ministerpräsident U. Khurelsukh den Repräsentanten des IWF in der Mongolei Neil Saker zu einem Gespräch im Regierungspalast.
Khurelsukh bestätigte, dass die mongolische Regierung die Umsetzung des Erweiterten Faszilitätsprogramms des IWF fortsetzen werde.
Weiter erklärte er, dass sich die wirtschaftliche Situation seit der Regierungsübernahme durch die MVP nach den Wahlen 2016 verbessert hätte.
Die Wirtschaft wachse, die Inflationsrate sei unter zehn Prozent gesunken.
Dabei hätte das Erweiterte Faszilitätsprogramm geholfen.
Khurelsukh übergab Saker ein offizielles Schreiben, in dem sich die Mongolei zur Fortsetzung des Programms bekennt.

Sukhbaatar-Orden für die Staatsuniversität
Anlässlich des 75. Jahrestages der Gründung der Mongolischen Staatsuniversität hat Präsident Kh. Battulga der höchsten Bildungseinrichtung des Landes den Sukhbaatar-Orden verliehen.
Mit der Staatsuniversität sei der Grundstein für das Hochschul-Bildungssystem der Mongolei gelegt worden.
Der Beitrag der Wissenschaftler, Dozenten, Mitarbeiter und Studenten für die Entwicklung von Wissenschaft und Kultur der Mongolei sowie für die Ausbildung von hochqualifizierten Fachkräften sei nicht hoch genug einzuschätzen, begründete Battulga seine Entscheidung.
Überreicht wurde der Orden vom Chef des Präsidialamtes Z. Enkhbold.


Die neue Bibibliothek der Mongolischen Staatsuniversität. Foto gogo.mn

Bibliothekseinweihung
Einen Tag zuvor, am 05. Oktober, nahm Präsident Kh. Battulga höchstpersönlich an der Eröffnung der neuen Bibliothek der Universität teil. Gleichzeitig tätigte er die erste Online-Buchbestellung aus den Beständen der Bibliothek.
„Heute ist ein wunderbarer Tag." „Ich freue mich sehr, dass ich als Präsident diese für ganz Asien bedeutsame Bibliothek eröffnen konnte".
Besonders lobte das Staatsoberhaupt, dass das Gebäude und seine Ausstattung das Ergebnis der Arbeit von mongolischen Firmen, Bauarbeitern, Ingenieuren, Designern und Architekten sei.
„Bücher sind das Fenster zur Welt" haben wir schon als Kinder gelernt. Das gilt auch heute noch und wird auch in Zukunft gelten.
Als die Universitätsbibliothek 1942 während der schweren Jahre des 2. Weltkrieges eingeweiht wurde, verfügte sie über etwa 100 Bücher.
Heute ist der Buchbestand auf 400.000 Bände angewachsen.
Unser Streben muss jetzt darauf gerichtet sein, moderne Standards auch für die Bibliotheken an den Filialen der Staatsuniversität im ganzen Land einzuführen.
Einige der Zweigbibliotheken werden den Nutzern 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen, zukünftig sollen sie auch für die Öffentlichkeit nutzbar sein, freute sich der Präsident.
Zum Abschluss nahm Battulga an der Enthüllung des Universitätsdenkmals teil und begab sich auf einen Rundgang durch die Lesesäle, das Universitätsmuseum, den Raum, in dem die Onlinebuchbestellungen getätigt werden können, er warf einen Blick in den Universitätsshop und trug sich in das Gästebuch der Universität ein, damit einer Tradition seit 1957 folgend.

Auflösung der Staatsversammlung gefordert
Auf einer Pressekonferenz der Grünen Partei am 06. Oktober in Ulaanbaatar hat deren Vorsitzender U. Bum-Yalagch die Auflösung der Großen Staatsversammlung und Neuwahlen gefordert.

Erklärung Nomtoibayars
Der amtierende Minister für Arbeit und Soziale Sicherheit N. Nomtoibayar hat am 04. Oktober zu seiner Verwicklung in einen Unfall im Bulgan-Aimag Stellung bezogen.
Der Fall war in den sozialen Netzwerken und in anderen Medien öffentlich geworden, so dass sich der Minister zu einer Erklärung gezwungen sah.
Richtig sei, dass er in dem Fahrzeug gesessen habe, mit dem in der Nähe von Dondogiin Bulag im Bulgan-Aimag ein Motorradfahrer zusammengestoßen sei.
Am Steuer habe er jedoch nicht gesessen.
Der Motorradfahrer sei betrunken gewesen und obwohl er und seine Begleiter alles getan hätten, dem Verletzen schnelle medizinische Hilfe zuteilwerden zu lassen, konnte sein leben auch im Krankenhaus des Orkhon-Aimags nicht gerettet werden.
Nomtoibayar deutete zudem an, dass die ungenügende Ausstattung der Krankenhäuser (Bulgan und Orkhon) zum Tod des Fahrers beigetragen hätte.

Ehrung für S. Zorig
Die Führung der Demokratischen Partei (DP), Aktivisten der demokratischen Revolution von 1989, Freunde und Verwandte haben am 02. Oktober Blumen und Kränze am Denkmal für den ermordeten Sanjaasurengiin Zorig niedergelegt.
Am 02. Oktober 1998 war der Mitinitiator der demokratischen Bewegung und damalige Infrastrukturminister im Hausflur seines Wohnhauses tot aufgefunden worden.
S. Zorig war von 1992 bis 1996 Mitglied der Großen Staatsversammlung, von 1996 bis 1998 Leiter der Ständigen Ausschüsse für Staatsaufbau, Sicherheit und Außenpolitik sowie Minister für Infrastruktur.
Seine Mörder wurden erst 18 Jahre nach der Tat rechtskräftig verurteilt. Über die Hintermänner oder Auftraggeber ist nach wie vor nichts bekannt geworden.

Wahl des neuen Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung erneut verschoben
Nach dem Patt zwischen S. Amarsaikhan und D. Bayarsaikhan sollte der neue Vorsitzende oder die neue Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung von Ulaanbaatar am 02. Oktober gewählt werden.
Aber auch dieser Termin verstrich ohne Ergebnis.
Nun wurde die Wahl auf den 09. Oktober verschoben.
Offenbar konnte sich die MVP-Fraktion nicht einigen und hat erneut um eine Verschiebung gebeten.
41 von 45 Stadtverordneten hatten an der Sitzung am 02. Oktober teilgenommen.


Bei Darkhan

Straßensperrungen in Darkhan-Uul
Der Gouverneur des Darkhan-Uul-Aimags hat am 08. Oktober die Sperrung der Autostraßen im Aimag verfügt.
Betroffen seien alle Richtungen.
Starke Schneefälle mit Stürmen hätten die Wege und Straßen unpassierbar werden lassen.
Unfälle und liegen gebliebene Fahrzeuge hätten zur Verschärfung der Situation beigetragen.
Das Nationale Verkehrsleitzentrum rät allen Bürgern, nur unbedingt notwendige Fahrten in Richtung Darkhan-Uul zu unternehmen
Die Bahn habe zusätzliche Züge eingesetzt.


1. 07.10. 2017, 2. 08.10. 2017. Foto news.mn

Hans Michael Weiß heißt der Trainer der mongolischen Fußballnationalmannschaft
Der aus Köln stammende Fußballtrainer Hans Michael Weiß (52) ist seit März 2017 nicht nur der Trainer der mongolischen Nationalmannschaft, sondern auch des U-23 Teams.
Die mongolische Fußballnationalmannschaft belegt in der FIFA-Rangliste 2017 Rang 197 unter 200 Mannschaften.
Weiß soll helfen, diesen Rang zu verbessern.
Das Freundschaftsspiel gegen die taiwanesische Nationalmannschaft am 05. Oktober in Taiwan war für Weiß das erste offizielle Spiel mit der mongolischen Nationalmannschaft.
4:2 gewannen die Gastgeber.
Weiß sieht trotzdem positiv in die Zukunft.
Fußball führt zwar in der Mongolei immer noch ein Schattendasein. Ringen, Boxen, Judo sind der Mongolen liebste Sportarten.
Die Mongolen seien auch nicht unbedingt die besten Techniker, aber große Kämpfer.
Für mehr Informationen lesen Sie den folgenden FAZ-Artikel:
www.fr.de/sport/sportarten/news/mongolei-weiss-betreibt-entwicklungshilfe-bei-den-erben-dschingis-khans-a-1315061

 

Fotos, wenn nichts anderes vermerkt, Renate Bormann


 

   

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Last Update: 04. Januar 2024