Rede des Bundesministers des Auswärtigen Dr. Klaus Kinkel vor dem mongolischen Parlament am 24. Oktober 1996 in Ulaanbaatar
Sehr geehrter Herr Vizepräsident Elbegdorj,
meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten!
Ich danke für die Einladung, vor dem mongolischen Großhural zu
sprechen
Es ist für mich eine große Ehre, daß ich der erste Deutsche bin, der vor dem Plenum der
mongolischen Legislative das Wort ergreift.
Ihr Land hat auf uns Deutsche seit jeher eine große Faszination
ausgeübt.
Ich habe mich deshalb auch besonders auf den Besuch in Ihrem Land gefreut.
Sie können zu Recht mit Stolz auf Ihre große Geschichte zurückblicken.
Dschingis Kahn hat die Welt in Atem gehalten.
Die Mongolen schufen das größte Weltreich, das die Menschheit je gesehen hat.
Sie führten die Kulturen des Fernen Ostens und des Abendlandes erstmals zusammen.
Trotz der großen Entfernung zwischen unseren beiden Ländern gab es
in der Geschichte zwischen uns immer wieder Berührungspunkte.
In den zwanziger Jahren studierte Ihr großer Schriftsteller Natsogdorj mit anderen jungen
Mongolen in Deutschland. Später hatten sie enge Beziehungen zur früheren DDR.
Dieses Erbe wollen wir für das Wohl und Freundschaft unserer Völker nutzen.
Heute verfolgen wir den mongolischen Reformprozeß mit großer
Aufmerksamkeit und Sympathie.
Wir unterstützen Ihr Land nach Kräften.
Der Weg der Reformen ist beschwerlich und langwierig.
Aber es gibt keine einfachen Lösungen.
Die bisherigen Ergebnisse unserer Kooperation machen uns für die Zukunft zuversichtlich.
Wir werden Ihnen auch künftig als Partner und guter Freund zur Seite stehen.
Meine Damen und Herren,
zur gelebten Demokratie gehört ein lebendiges Parlament.
In der frei gewählten Volksvertretung muß sich ein verantwortungsvoller, konstruktiver
Wettbewerb entfalten.
Dazu gehört eine mutige Regierungspartei, dazu gehört auch eine konstruktive Opposition.
Ich glaube, daß die Ergebnisse der letzten mongolischen Parlamentswahlen gute
Voraussetzungen für eine solche positive Rollenverteilung geschaffen haben.
Die Aktivität der deutsch-mongolischen Parlamentariergruppe freut
mich.
Die Fertigkeit mancher Abgeordneter, mit der nicht leichten deutschen Sprache umzugehen,
ist bewunderungswürdig.
Die Kontakte zwischen unseren beiden Parlamenten haben sich seit der
politischen Wende geradezu stürmisch entwickelt.
Der Dialog zwischen unseren Parlamentariern ist eng und vertrauensvoll; er ist in unseren
zwischenstaatlichen Beziehungen nicht mehr wegzudenken.
Daß der Präsident des mongolischen Großhurals, Herr Gonchigdorj, sich zur Zeit in
Deutschland aufhält, ist kein Zufall.
Die Verwaltung des Deutschen Bundestages und die Verwaltung des mongolischen Großhurals
arbeiten besonders in den Bereichen der Ausbildung von Fachkräften und der Förderung des
Bibliothekswesens erfolgreich zusammen.
Das ist eine sehr positive Entwicklung.
Meine Damen und Herren,
unsere Wege verliefen lange Jahre getrennt.
Das Ende des Ost-West-Konflikts hat aber auch für die Zusammenarbeit zwischen unseren
beiden Völkern neue Voraussetzungen geschaffen.
Die sollten wir gemeinsam nutzen, zugunsten der Menschen in unseren beiden Ländern.
Nach dem Ende der Konfrontation und des Rüstungswettlaufs haben wir jetzt die Hände
frei, um uns dem zuzuwenden, was unsere Bürger wirklich brauchen: Wohnung und
Arbeitsplatz, Sicherheit vor Kriminalität und Drogen, Ausbildung für die Kinder.
Dabei können wir uns gegenseitig helfen.
Eine gute Grundlage für unsere Zusammenarbeit ist vorhanden:
Es ist vor allem der Wille zur Freiheit und zur Würde des Menschen, wie er in der langen
und stolzen Tradition der Mongolen verwurzelt ist.
Wir teilen auch den Wunsch, unseren Kindern eine sichere und
friedliche Zukunft zu bescheren.
Um dies zu gewährleisten, sind alle Völker in unserer Zeit mehr und mehr aufeinander
angewiesen.
Auch das deutsche und das mongolische Volk.
Deshalb sollten wir auch in Zukunft unsere Kräfte weiter zusammenführen.
Ich wünsche dem mongolischen Großhural und seinen demokratisch
gewählten Mitgliedern. ich wünsche dem Volk der Mongolen Glück und Erfolg.
Gehen wir die Herausforderungen in einer sich wandelnden Welt gemeinsam und mit Zuversicht
an.
Dann werden wir erfolgreich sein.
Ich danke Ihnen.
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