Chinggis Khaan-Band nomadisiert durch Europa und in den USA

Von Hugo Kröpelin

"Im Nieselregen laufe ich dem Regenbogen entgegen,
lebendig, mit dem Herzen voll Liebe.
Auf der Jahrtausende alten Erde lebe ich,
von meinem Leid und meiner Freude zu singen."

Dieses Zitat aus einem seiner Lieder lässt nicht ahnen, was hinter Dashzeweg SHARGALSAIKHAN steckt. Auch "Soft Rock Group" auf der Visitenkarte des "General Director" von "CHINGGIS KHAAN" sagt kaum die Wahrheit. Was im niedrigen und kleinen Keller des Berliner "Hauses der Kulturen der Welt" abging, ließ eher vermuten, eine Reiterschar mit 200 frisch beschlagenen Pferden rase über das Parkett einer Turnhalle. Alles, was nicht gemauert war, vibrierte. Das Publikum, zu etwa 95 Prozent Mongolen, war high. Begleitendes Massensingen und stehende Ovationen waren die Quittung für "Zaya", "6 Uhr 45", "Lass mich weiter 18 Jahre sein" und die anderen Songs. Allerdings mussten etliche Gäste mussten ihren Trommelfellen "Verschnaufpausen" gönnen.

Berlin war der Premierenstart einer "XX Century World Tour", die die sechsköpfige Band über Polen, Ungarn, Tschechien, die USA und England wieder nach Deutschland führt. Für Bandleader Shargalsaikhan ist es nicht die erste Begegnung mit Deutschland. "1985 waren wir mit "Sojol Erdene" in Schwerin zum Jugendfestival DDR-Mongolei, erinnert sich der heute 41-Jährige. Schon ein Jahr später, als die Mongolei noch stark am Gängelband der Sowjetunion hing, schrieb und komponierte er sein erstes Lied über Chinggis Khaan, dem die Russen ob ihrer Niederlagen immer noch gram waren und nach dem er 1991 seine eigene Band benennen sollte.

Dass Shargalsaikhan heute die Bühnen wechselt wie die Viehzüchter in der Mongolei, war 1977 noch nicht abzusehen. Architekt und Bauingenieur sollte er werden und hatte auch schon einen Russisch-Intensivlehrgang in Irkutsk beendet. Seine Hochschule sah er noch ein Jahr, dann besann er sich eines anderen und stieg bei der Musikgruppe "Bayan Mongol" in seiner Heimatstadt Ulaanbaatar ein. Dort konnte er auch ein Gesangspraktikum absolvieren, denn die Gruppe gehörte damals noch zur Staatlichen Philharmonie, einer Art sozialistischer Musikkonzern. 1981 stieg er um zu "Sojol Erdene", die von ihrem Publikum die "mongolischen Beatles" genannt wurden. Der erste Platz beim Wettbewerb von TV und Komponistenverband für sein "Geburtstagslied", eingezogen zur Armee und mit deren Ensemble "Otsch" (Funke) zum ersten Auslandsgastspiel nach Tschita, gemeinsame Konzerte mit sowjetischen Rock- und Popgrößen sowie Auszeichnungen für sein Auftreten im Ausland säumten seinen Weg. Als das erfolgreichste Jahr mit der alten Formation sieht er 1990: Er erhielt die "Goldene Chinggis-Khaan-Ehrung" zum 750. Jahrestag der "Geheimen Geschichte" und holte mit seinem Lied über den Khaan im Eisstadion von Medeo den dritten Platz.

Im Dezember 1991 stieg Shargarsaikhan bei "Sojol Erdene" aus. Seitdem singt er, spielt er Gitarre, komponiert und arrangiert für den eigenen "Chinggis Khaan". Die Erfolge reißen nicht ab: Konzertreise in die Innere Mongolei, "Bestarbeiter der mongo-lischen Kultur", Sonderpreis von Yamaha, ein Jahr per Vertrag mit der Gruppe in Singapur, "Verdienter Künstler der Mongo-lei", Gastspiele in Polen, Russland, Moldawien, Kalmykien, Nordkorea, Burjatien, Kasachstan, 1997 Auszeichnung mit der Pentatonik, dem höchsten Preis, den mongolische Sänger in der Heimat erringen können. Auftritt auf der Love Parade in Berlin.

Alles Lob reicht er an "seine Männer" weiter, von denen ihm einige seit der "Khaan"-Gründung treu sind: Duudshidnyam 36, Bassgitarre), Erdenebaatar (34, Schlagzeug), Ganbaatar (37, Gitarre) sowie Baidrag (25, Keybord), der 21-jährige Sologitarrist Schine Od und der 28-jähriger Techniker Dawaa.

In Ulaanbaatar gibt es zwar noch sieben, acht andere Bands, Doch wenn "Chinggis Khaan" mal etliche Wochen nicht zu Hause ist, haben die Fans schnell Entzugserscheinungen. "Wir werden immer wieder kritisiert, weil wir solange in der Provinz nomadisieren", erzählt der Chef. "Doch auf dem Land gewinne ich viele meiner Ideen, dort ist das Leben noch nicht so urban geprägt, sind viele Sitten und Bräuche aus dem Mittelalter noch lebendig.". Auch der strenge Winter, die Freude der Mongolen an der Arbeit mit dem Pferd und die oft noch unberührte Natur gehören zu seinen Themen.

Der "workaholic", der wieder allein lebt, ist seit zwei Jahren auch noch Präsident des mongolischen Sängerverbandes. Eine Aufgabe dieses Postens sieht er darin, seine Erfahrungen der jungen Generation weiter zu geben. Werk über Rock und Pop in der Mongolei und international mehr wissen will, greift zu zwei Büchern von Shargalsaikhan. Vielleicht schreibt er mal seine Reminiszenzen von den Auslandsreisen zusammen?. Seine World Tour 2000 endet in der letzten Dezember-Dekade in München. Wohl ein Zeichen der Anerkennung für den Freistaat, der in der Mongolei sehr aktiv ist und in dem viele junge Mongolen ein zeitweiliges Zuhause gefunden haben.

Quelle: mit freundlicher Genehmigung von Hugo Kröpelin, News Stories Photos aus Berlin und Brandenburg
(November 2000)


   

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Last Update: 03. Januar 2022