Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:
von Dr. Renate Bormann, Berlin/Ulaanbaatar
Winter 2002/03
Starke Schneefälle zu Wochenbeginn haben
in weiten Teilen des Landes die Futtersituation für die Herdentiere
verschlechtert.
In den Aimags Arkhangai, Khuvsgul, Zavkhan, Bayanulgii und Dundgov' kam es zu
Störungen in der Strom- und Wärmeversorgung, die Schneestürme deckten Dächer
ab und führten zu Verwehungen, in denen mehrere Herden verschwanden.
Im Buyant-Sum des Bayanulgii-Aimags und im Luus-Sum des Dundgov'-Aimags wird
fieberhaft nach einem Mann und einer Frau gesucht, die seit mehreren Tagen
verschwunden sind.
70 Prozent des mongolischen Territoriums sind mit Schnee bedeckt.
Der erste Schnee dieses Winters fiel im Bulgan-Aimag. Mittlerweile liegen hier
in einigen Sums 35 cm.
In den westlichen Aimags und dem westlichen Teil der zentralen Aimags kam es
zwischenzeitlich zu Tauwetter, die überfrierende Nässe auf den Weiden
verhindert, dass das Vieh an Futter gelangen kann.
Statistik November 2002
Bis zum 30. November 2002 wurden 42 100
Kinder geboren, das sind 2 600 weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
1 291 Kinder starben vor ihrem ersten Geburtstag, das sind fünf weniger als bis
November 2001.
Die Industrieproduktion (entsprechend den Preisen von 1995) erreichte 248,9
Milliarden Tugrug, das entspricht einer Steigerungsrate von 4,1 Prozent im
Vergleich zum Vorjahr.
20 600 Verbrechen wurden registriert, 999 weniger als im Vorjahr.
Allerdings hat die Zahl der Morde und Totschlagsdelikte um 50 Prozent, die der
Vergewaltigungen um sieben Prozent zugenommen.
Mongoleiforum im Roten Rathaus
"In der Mongolei erwartet und erhofft
man von der großen Wirtschaftsmacht Deutschland mehr Investitionen". Mit
diesen Worten leitete der designierte Botschafter der Mongolei in der
Bundesrepublik Deutschland, Dendeviin Terbishdagva, seinen Vortrag über den
Stand der deutsch-mongolischen Beziehungen und die innenpolitische Situation in
der Mongolei ein. Das Mongoleiforum des Asien-Pazifik-Forums Berlin e.V. (APF)
hatte am 10. Dezember in den Ferdinand-Friedensburg-Saal des Roten Rathauses von
Berlin geladen. Anlass war die Vorstellung des neuen mongolischen Botschafters,
der wenige Tage zuvor in Berlin angekommen war und zwar mit der MIAT, der
einzigen Luftfahrtgesellschaft, die einen direkten Interkontinentalflug nach
Berlin anbietet.
Zu den zahlreich erschienen Gästen zählten Unternehmer, Mongolisten,
mongolische und deutsche Studenten, Kommunalpolitiker,
Entwicklungszusammenarbeitsexperten und andere langjährige "Freunde der
Mongolei". Im Präsidium hatten Platz genommen: Dr. L. Werner vom
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, der Leiter des Mongoleiforums und
Botschafter a. D., L. Zöllner, Botschafter Terbishdagva und Bernadette Hoberg
vom APF.
Während die politischen und kulturellen Beziehungen von beiden Seiten als sehr
gut eingeschätzt wurden, böte die wirtschaftliche Komponente noch genügend
Entwicklungspotenzial.
Ganbat, der Repräsentant der mongolischen IHK in Berlin, warb für die geplante
Verkaufsausstellung "Made in Mongolia" im nächsten Jahr.
Der Höhepunkt in der Arbeit des Mongoleiforums werde zweifellos der
"Wirtschaftstag Mongolei" im Rahmen der Asien-Pazifik-Wochen im
September 2003 sein, mit diesem Ausblick beendete L. Zöllner die
Gesprächsrunde. Ein vielversprechender Auftakt für die Zukunft der
mongolisch-deutschen Kontakte in Berlin und Umgebung.
Dunkelheit über dem Bayankhongor-Aimag
Seit dem 28. November hat das Kraftwerk im
Bayankhongor-Aimag die Strom- und Wärmezufuhr für öffentliche und
Wohngebäude auf unbestimmte Zeit eingestellt.
Die Firma "Jast" aus Ulaanbaatar, Gewinnerin der Ausschreibung für
den Dieselkraftstofftransport, lieferte statt der vereinbarten 160 000 Liter
Diesel nur 60 000 Liter.
Über die Nachlieferung der restlichen 100 000 Liter konnte bisher keine
Einigung erzielt werden, sagte der leitende Ingenieur des Kraftwerks von
Bayankhongor, Mandakh.
Betroffen sind 30 000 Menschen.
2003 - Jahr des Tourismus
G. Shilegdamba, der Direktor der
Regierungsagentur "Tourismus", bestätigte in einem Interview mit der
Tageszeitung "Zuuny Medee": Die Hauptaufgabe der Agentur war und ist
die Vorbereitung auf das Jahr des Tourismus 2003, das unter dem Motto steht
"Willkommen in der Mongolei".
Auf der Tagung des nationalen Vorbereitungskomitees (Vorsitzender ist der
Infrastrukturminister Jigjid) wurde darüber informiert, dass für die
Werbemaßnahmen im Ausland 109 Millionen Tugrug ausgegeben werden. Hinzu kommen
Kosten für Straßenbau, Renovierungsarbeiten in Museen und an Kulturdenkmälern
sowie an Touristenunterkünften. Das Budget für "Willkommen in der
Mongolei" war vom Großen Staatskhural bestätigt worden.
Im Zentralaimag soll ein Nationalpark entstehen, der die Besucher mit Sitten und
Bräuchen, der Geschichte, den kulturellen Traditionen und der Gegenwart der
Mongolei vertraut macht.
Die Infrastruktur des Landes sei dem Tourismus nicht unbedingt förderlich,
räumte Shilegdamba ein. Straßenzustand, Fahrgastkapazitäten bei Flugzeug,
Bahn und Bus sind verbesserungsbedürftig bzw. ausbaufähig.
Andererseits ist der Tourismus ein Wirtschaftsfaktor mit Wachstumspotenzial, der
im vergangenen Jahr 102,9 Millionen US-Dollar erwirtschaftete und 10,2 Prozent
zum Bruttoinlandprodukt beisteuerte.
Privatisierung der Handels- und Entwicklungsbank
abgeschlossen
Am 11. Dezember, 12.50 Uhr, wechselten die
76 Prozent Staatsanteile der Handels- und Entwicklungsbank (Trade and
Development Bank - TDB) endgültig den Besitzer.
Die amerikanische "Gerald Metals" und die Schweizer "Banca
Commerciale Lugano" haben 12,2 Millionen US-Dollar überwiesen, weitere 28
Millionen sollen in den kommenden zwei Jahren investiert werden.
Das Management der Bank wird die in 15 Ländern aktive holländische ING-Bank
übernehmen.
Nach den Worten des Noch-Direktors, S. Munkhbat, hat die TDB 15 bis 16 000
Kunden, von denen 13 000 im Besitz von Kreditkarten seien.
Viehzählung
Zwischen dem 15. und 22. Dezember begannen
landesweit die jährlichen Viehzählungen.
Gezählt werden nicht nur die fünf Herdentierarten: Schafe, Rinder, Ziegen,
Pferde und Kamele, auch Schweine und Geflügel, Futtervorräte, Brunnen und
Wasserstellen, Viehpferche sowie Gehöfte.
Ch. Dalai: "Warum nach Chinggis-Khaans Grab
suchen?"
Im Juli 2003 soll die fünfbändige
"Geschichte der Mongolei" fertig gestellt sein. Akademiemitglied Prof.
Dr. Ch. Dalai zeichnet für den zweiten Band verantwortlich.
In diesem Band geht es um den Zeitraum, in dem die Mongolen vom unbedeutenden
Steppenstamm zur Weltmacht aufstiegen und Temujin vom Steppenadligen über den
"Beherrscher aller in Filzzelten lebenden Völker" zum Weltenherrscher
"Chinggis-Khaan" wurde.
In einem Interview erläuterte Dalai seine Einstellungen zu den nie enden
wollenden Versuchen, das Grab des legendären Mongolenfürsten zu finden:
"Was soll passieren, wenn das Grab gefunden ist? Sicher gibt es ein Grab
und es ist wahrscheinlich, dass es sich im Burkhan-Chaldun-Gebirge befindet.
Chinggis wollte nicht, dass seine Grabstätte jemals gefunden wird. Warum seine
Totenruhe stören?"
Dalai, der nach eigenen Aussagen chinesische, japanische, russische, englische,
tibetische und mandschurische Quellen für seine langjährigen
Forschungsarbeiten zur Chinggis-Khaan-Periode zu Rate gezogen hat, vertritt die
Meinung, dass ein des Chinesischen nicht mächtiger Wissenschaftler nicht
ernsthaft über die Geschichte Zentralasiens forschen könnte.
Folter in der Mongolei?
Der Vorsitzende der nationalen
Menschenrechtskommission, Sh. Tserendorj, informierte über die
Menschenrechtssituation in der Mongolei. Die Kommission existiert seit zwei
Jahren und arbeitet in allen 21 Aimags und in der Hauptstadt Ulaanbaatar. Nach
den Worten Tserendorjs besteht eines der Hauptprobleme bezüglich der
Menschenrechte darin, dass die Bürger auf zuviel Inkompetenz, Willkür und
Missachtung in den Behörden treffen.
Ein anderer Missstand liegt in der Verletzung von Arbeitnehmerrechten:
Überstunden werden nicht bezahlt, Arbeitsverträge nicht abgeschlossen,
Schadensfälle (Unfall, Krankheit) nicht beglichen.
Bestätigt wurden auch Berichte über Misshandlungen von Häftlingen, um
Aussagen oder Geständnisse zu erpressen.
Die Lage der Menschen, die nicht über ausreichende Mittel für ein
menschenwürdiges Leben verfügen, besonders betroffen sind die Kinder, die
"auf der Straße" leben müssen, stelle ebenfalls eine sehr ernste
Menschenrechtsverletzung dar, der Regierung und Gesellschaft gemeinsam entgegen
wirken müssten.
Erneut Traktoren auf dem Sukhbaatarplatz -
Machtkampf in der DP?
Erst bekam der Vorsitzende der
Demokratischen Partei (DP), D. Dorligjav, einen Brief seiner Parteifreunde, die
ihn aufforderten, eine Sitzung des Nationalen Rates der Partei (170 Mitglieder)
bis zum 25. Dezember einzuberufen, um Personalfragen zu diskutieren, dann fuhren
fünf Traktoren auf den Sukhbaatarplatz. Auf Initiative E. Bat-Uuls (DP), des
Vorsitzenden der "Bewegung für eine gerechte Bodenprivatisierung",
wurden die fünf Traktorfahrer aus dem Zentralaimag für die Aktion in
Ulaanbaatar gewonnen.
D. Enkhbayar, der Stadtbezirksgouverneur von Sukhbaatar forderte Bat-Uul auf,
dafür zu sorgen, dass die Traktoren vom Platz gefahren werden. Dem wurde nicht
Folge geleistet, so dass die Fahrzeuge abgeschleppt wurden.
Mordmotiv: Rache
Der 29-jährige Altantugs, der in der Nacht
zum 05. Dezember im Chingeltei-Duureg von Ulaanbaatar ein Rentnerehepaar
ermordet und dessen 17-jährige Enkelin als Geisel genommen hatte, gab im
mongolischen Fernsehen als Grund für seine Tat an, der 70-Jährige wäre der
Bruder seiner Mutter und hätte diese "gedemütigt und seelisch
unterdrückt".
Altantugs hat selbst die Polizei an den Tatort gerufen und mit der Drohung, das
Mädchen zu erstechen, seinen freien Abzug gefordert. Die Polizisten
überwältigten ihn, befreiten die Geisel und verhafteten den Täter.
Zur Zeit wird der auf seinen psychischen Gesundheitszustand hin untersucht.
Fünf Tote bei Wohnungsbrand
In der Nacht zum 08. Dezember brannte in
Khandgait, Stadtbezirk Sukhbaatar, ein Wohngebäude ab. Fünf Menschen, darunter
zwei Kinder, starben.
Feuerwehr und Polizei trafen erst ein, als das Feuer bereits die Nachbargebäude
erreicht hatte. Die drei Nachbarn konnten gerettet werden, während für die
drei Frauen und zwei Kinder im Alter von ein und vier Jahren jede Hilfe zu spät
kam.
Die Polizei des zuständigen Stadtbezirks prüft, ob der Brand vorsätzlich
gelegt wurde oder ein Unfall war.
Frau U. hatte das Gebäude vor einem halben Jahr gemietet und als Winterlager
für sich und ihre Töchter nutzen wollen.
Kostenlose Flüge
Die mongolische Luftfahrtgesellschaft
"MIAT" ehrt den erfolgreichsten mongolischen Berufssumoringer, D.
Dagvadorj, indem sie von ihm für alle Flüge zwischen Tokio und Ulaanbaatar
sowie Ulaanbaatar und Tokio im Jahr 2003 keine Bezahlung fordert.
"Unsere gemeinsame Sorge gilt fortan Uranzaya"
Die beiden Familien, deren Töchter vor
fünf Jahren in der Entbindungsklinik von Khuvsgul vertauscht worden waren,
haben sich geeinigt, künftig gemeinsam für Uranzaya, das geistig behinderte
Mädchen, geboren von Purevtuya, aufgezogen von Davaajav und ihrem Ehemann, zu
sorgen.
Purevtuya, die sich geweigert hatte, ihre vermeintliche Tochter Minj-Od an deren
leibliche Eltern zurückzugeben, sagte, ein erneuter Gerichtsbeschluss würde
beide Familien entzweien und wäre für niemanden, schon gar nicht für die
Kinder, von Vorteil.
Die beiden Mütter, die verschwägert sind, traten gemeinsam vor die Presse:
"Beide Familien wollen alles dafür tun, dass Uranzaya ein glücklicher
Mensch wird. Das hat ab sofort Vorrang vor allen Streitereien".
Mit dieser guten Nachricht verabschieden wir uns
bis zum Februar 2003.
Wir wünschen allen Nutzern von MongoleiOnline ein friedliches Weihnachtsfest
und ein gesundes, erfolgreiches Jahr 2003.
Der Beginn des neuen Jahres nach dem Mondkalender fällt diesmal in der Mongolei
auf den 02. Februar, Silvester (bituuleg) am 01.02. R.B.
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Last Update: 02. Januar 2023