Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:

Neues aus der Mongolei
10. bis 16. Juli 2006

von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar


Naadameröffnung 2006

Naadam in der Mongolei
Am 11. Juli, um 11:00 Uhr, eröffnete Präsident Nambaryn Enkhbayar im Zentralstadion von Ulaanbaatar traditionsgemäß das Nationalfest der Mongolen – Naadam, das in diesem Jahr fast ausschließlich im Zeichen Chinggis-Khaans und des 800-jährigen Gründungsjubiläums des großmongolischen Staates stand.


Die Spitze des Festumzuges im Zentralstadion. 11.07.

Nachdem die Neunschwänzige Weiße Staatsbanner aufgepflanzt und die Nationalhymne verklungen waren, folgte eine mitreißende farbenprächtige Show, die historische, phantastische und moderne Elemente präsentierte: Schamanentänze, atemberaubende Kunststücke vorführende Reiter, junge Sportler, die auf dem Stadionrasen herumwirbelten, Langliedsänger und Pferdekopfgeigenspieler sowie ein Festumzug mit Pferden, Gers, Kriegern, Königen und Königinnen.


Chinggis-Khaan-Komplex

Am Tag zuvor war auf dem Sukhbaatarplatz eine 5,5 Meter hohe Chinggis-Khaan-Statue, die den neuen Repräsentationsbau vor dem Regierungsgebäude in Ulaanbaatar dominiert, mit großem Pomp eingeweiht worden. Flankiert wird der Übervater aller Mongolen von Khubilai und Ugedei Khan sowie zwei Reiterstandbildern seiner wichtigsten Generäle.
Nach den offiziellen Zeremonien stürmten die Mongolen, die stundenlang rund um den Sukhbaatarplatz auf das Ereignis gewartet hatten, die zum Chinggis-Denkmal führende breite Freitreppe. Jeder versuchte, die Statue zu berühren, kleinen Kindern wurde noch schnell ein Kurs in mongolischer Geschichte verabreicht.
Von den angekündigten Protestdemonstrationen war in der Festwoche nichts zu merken. Auf Straßen und Plätzen der Hauptstadt tummelten sich zwar viele Menschen, aber die wollten feiern, fröhlich sein, sehen und gesehen werden.
280 Staatsgäste aus 32 Ländern feierten mit den Mongolen gemeinsam, der hochrangigste unter ihnen kam aus Deutschland, Bundestagspräsident Norbert Lammert.


Prof. T. Dashtseden. Präsidentenempfang am 11.07.

Vor prächtiger Kulisse fand am Abend des 11. Juli der traditionelle Präsidentenempfang im „Tal des Großen Himmels" statt, auf dem Sukhbaatarplatz startete zur selben Zeit ein buntes Volksfest mit abschließendem Feuerwerk.
Den Höhepunkt der Feierlichkeiten bildeten wie in jedem Jahr die Ringerwettkämpfe. In diesem Jahr waren zehn Runden nötig, ehe die 1024 Ringer – doppelt so viele wie üblich - ihren Sieger ermittelt hatten: Ulsyn (Landes) Garuda D. Sumyaabazar besiegte in der neunten Runde Ringeridol Darkhan Avarga B. Bat-Erdene und in der zehnten den Newcomer, Ulsyn Nachin D. Azjargal. Der hatte in der Vorschlussrunde keinen Geringeren als den Dalai Avarga G. Usukhbayar niedergerungen. Vom Ulsyn Nachin wurde Azjargal direkt zum „Ulsyn Arslan" befördert, hat also drei Titel – Khartsaga (Habicht), Zaan (Elefant) und Garuda (mythischer Vogel) übersprungen.
Laut Reglement hätte Garuda Sumyaabazar „Arslan" (Löwe) werden können und so hatte es Präsident Enkhbayar zunächst auch verkündet. Doch die Menschen im vollbesetzten Zentralstadion forderten lautstark „Avarga soll er werden". Der Präsident hörte auf Volkes Stimme: Sumyaabazar wurde vom Garuda direkt zum Avarga gekürt. (Avarga – Meister – entspricht dem höchsten Titel im mongolischen Ringen, nicht „Arslan" wie oft in deutschen Medien berichtet wird.)


V.l. Azjargal, Sumyaabazar. 13.07.06

Die Naadamwettkämpfe im Ringen 2006 brachten insgesamt sieben neue „Ulsyn Nachin" (Falke), zwei neue „Ulsyn Khartsaga, drei neue „Ulsyn Zaan" einen neuen „Ulsyn Arslan" und einen neuen „Ulsyn Avarga" hervor.
Der neue Avarga ist übrigens der ältere Bruder von Sumostar Asashoryou D. Dagvadorj.
Auch die Pferderennen in den sechs Altersklassen (der Pferde) sowie die Wettbewerbe im Bogenschießen und Knöchelwurf verliefen im Wesentlichen reibungslos. Das Wetter trug seinen Teil dazu bei, dass z.B. in diesem Jahr kein Pferd verendete: Es war nicht so heiß und ab und zu regnete es sogar.

Bundestagspräsident Lammert in der Mongolei
„Wir möchten Ihnen unseren Respekt für die grandiosen Aufbauleistungen in den letzten 15. Jahren erweisen. Ein eindrucksvoller Besuch in Ihrem Land, in dem wir nicht nur verlässliche Partner, sondern auch Freunde gefunden haben, geht zu Ende". Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert fand herzliche Worte zum Abschluss seines ersten offiziellen Besuchs in der Mongolei. Er stand an der Spitze einer neunköpfigen Delegation, der auch drei Abgeordnete der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP angehörten.
Die Gäste erwartete ein dicht gedrängtes Programm: Gespräche mit Präsident Enkhbayar, Parlamentsvorsitzendem Nyamdorj und Ministerpräsident Enkhbold, eine zweitägige Landfahrt in den Khentii-Aimag zu Geschichts- und Kulturdenkmälern im Stammland der Dschingisiden und zu einem Projekt der deutsch-mongolischen Entwicklungszusammenarbeit.
Auf einem Empfang in der deutschen Botschaft drückte der Vorsitzende des Großen Staatskhurals, Tsendyn Nyamdorj, seine Freude und Genugtuung darüber aus, dass Deutschland mit einer hochrangigen Delegation der Mongolei und ihrem Volk große Ehre erwiesen habe.
Am letzten Tag seines Aufenthalts nahm der Bundestagspräsident, der gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung ist, an der 5. Konferenz des Mongolisch-Deutschen Forums und der Konrad-Adenauer-Stiftung „Die Mongolei als Rohstoff- und Energielieferant – Perspektiven für die deutsch-mongolische Zusammenarbeit" teil. Lammert in seiner Grußansprache: „Die deutsche Seite ist daran interessiert, dass sich die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern ähnlich gut entwickelt, wie die politische."


Lu. Bold, P. Ochirbat, Th. Schrapel, N. Lammert, U. Dreesen

„Investieren im mongolischen Bergbausektor"
Auf der o. g. Konferenz zu Möglichkeiten für eine deutsch-mongolische Zusammenarbeit im Rohstoff- und Energiesektor versammelten sich am 14. Juli in Ulaanbaatar deutsche und mongolische Fachleute, um über Strategien bei der Rohstoffversorgung, die Perspektiven der Kohle als Energieträger in Deutschland und in der Mongolei sowie über Möglichkeiten des Technologietransfers von Deutschland in die Mongolei zu debattieren.
Mit Referaten vertreten waren das Ministerium für Brennstoffe und Energie, das Amt für Mineralische Rohstoffe und Erdöl der Mongolei mit seinem Vorsitzenden, L. Bold, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, der Gesamtverband des deutschen Steinkohlebergbaus und die Ruhrkohle AG.
Die Mongolen sind nach wie vor sehr an mehr deutschen Direktinvestitionen interessiert und werben mit günstigen Bedingungen im mongolischen Bergbau, gerade angesichts der angespannten internationalen Situation bei der Energieversorgung.
Bereits im Herbst wollen beide Seiten ihre Gespräche in Berlin fortsetzen.
Dr. Puntselmaagiin Ochirbat, Präsident des Mongolisch-Deutschen Forums, Botschafter Ulrich Dreesen und Dr. Thomas Schrapel, der Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung, äußerten im Anschluss an die Konferenz einhellig ihre Zufriedenheit mit dem Verlauf der Beratungen. Sie seien konstruktiv und informationsreich gewesen und böten gute Voraussetzungen für die Fortführung der Gespräche.

„Ich bleibe im Finanzministerium."
Der Staatssekretär im Finanzministerium, Ch. Khurelbaatar, ist als einer der möglichen Nachfolger für das Amt des Mongolbankpräsidenten im Gespräch.
In einem Interview, das er mongolischen Pressevertretern gab, nahm er Stellung zu Fragen des Finanzsystems der Mongolei im Allgemeinen, der Kredit- und Investitionspolitik im Besonderen, zu Erfolgen und Fehlentscheidungen .
Genugtuung äußerte er über die erfolgreichen Reformen im Finanzsektor hin zu einer modernen staatlichen Finanzpolitik, die mehr Rechtssicherheit gebracht hätte.
Länder wie Kambodscha u. a. seien an einem Erfahrungsaustausch mit der Mongolei über diese Reformen interessiert.
Betrug das Haushaltsdefizit vor sechs Jahren noch 12% vom BIP, hätte es sich von Jahr zu Jahr verringert. Im vergangenen Jahr hätte der Haushalt zum ersten Mal ein Plus ausgewiesen.
Russland, die Weltbank, die Asiatische Entwicklungsbank, Japan und andere Geber bzw. Wirtschaftspartner behandelten die Mongolei nicht wie die armen Länder Afrikas, die mongolische Wirtschaft stünde auf einer ungleich höheren Stufe, deshalb käme eine Schuldenannullierung für die Mongolei nicht in Betracht. Die Auslandschulden beliefen sich auf 1,3 Milliarden Dollar und würden Jahr für Jahr pünktlich bedient.
Bis 1990 hat die Mongolei 85% ihres Außenhandels mit der Sowjetunion abgewickelt. In den vergangenen 16 Jahren hätten sich Handelsbeziehungen mit 70 Ländern entwickelt.
Nicht immer seien Kredite nutzbringend ausgegeben worden. Ein in Dalanzadgad, dem Zentrum des Südgobiaimags, entstandenes Wäremekraftwerk produziere viel zu teuer und arbeite zudem nicht zuverlässig.
Die heftig kritisierte Kreditvereinbarung mit China über 300 Millionen US-Dollar verteidigte der Staatssekretär. Beide Seiten hätten intensive Verhandlungen hinter sich. Das Geld soll für die Errichtung eines Wasserkraftwerkes am Egiin-Gol ausgegeben werden. Für 20% der 300 Millionen bürge die mongolische Regierung, für 80% die chinesische. Das sei doch eine für die Mongolei günstige Vereinbarung.
Das so genannte 68%-Gesetz, das eigens für den Fall plötzlich steigender Weltmarktpreise für Gold, Kupfer und Kohle beschlossen wurde (Windfall Profits Tax), sei im Finanzministerium auf wenig Gegenliebe gestoßen. Es schade der wirtschaftlichen Entwicklung der Mongolei und diente wohl lediglich dem Ziel, populistischen Wahlversprechen eine finanzielle Basis zu geben.
Auf seine Chancen angesprochen, künftig im Chefsessel der Mongolbank zu sitzen, winkte Khurelbaatar ab. Es stimme, er stamme wie der Vorsitzende des Großen Staatskhurals, Ts. Nyamdorj, aus dem Uvs-Aimag, er schätze dessen Arbeit, aber er sei kein Mensch, der „in der Tasche irgendeines anderen stecke." Er arbeite gern im Finanzministerium, die Erfolge machten ihn und alle Kollegen stolz, doch es gäbe noch viel zu tun.

Dalai Avarga Sukhbat tritt zurück
Das rundherum gelungene Naadamfest hielt für die Mongolen doch eine traurige Neuigkeit bereit: Dalai Avarga A. Sukhbat hat verkündet, die Ringerkleidung für immer abzulegen und sich verstärkt um den Nachwuchs kümmern zu wollen. Er war für seine Verhältnisse früh aus dem Wettbewerb ausgeschieden. Mit Tränen in den Augen verabschiedete er sich von seinem Publikum, er sei durch Verletzungen geschwächt und körperlich nicht mehr in der Lage, ganz vorn mitzukämpfen, ein Platz im Mittelfeld sei ihm jedoch nicht genug.
Dieser Rücktritt wurde fast genauso leidenschaftlich diskutiert wie der Sieg des jungen Sumyaabazars.
Nur wenige glauben, dass Sukhbat bei seinem Entschluss bleibt. Er sei noch jung und werde weiterkämpfen, so die Verbandsfunktionäre und seine Freunde.

Fußballweltmeisterschaft
Kein Mongole, der nicht seine deutschen Freunde, Bekannten, Kollegen oder Zufallsbegegnungen auf das Ergebnis der Fußballweltmeisterschaft hin angesprochen hat. „Gratulation zum dritten Platz, schade, dass ihr nicht gewonnen habt."
Die Zuschauerquote in der Mongolei wahr vielleicht noch höher als in Deutschland, wie der Bundestagspräsident scherzhaft meinte. „Wir haben das große Glück gehabt, zwei der wichtigsten Ereignisse des Jahres live zu erleben. Die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland und die 800-Jahrfeier in der Mongolei."
Auch Präsident Enkhbayar hat sich die Zeit genommen, die letzten beiden Spiele im Fernsehen live zu sehen. Auf die Frage, ob in Zukunft der Fußball dem Ringen in der Gunst der Mongolen womöglich den Rang abläuft, entgegnete er: „Kaum, wir sind Mongolen, unser Nationalsport wird immer an erster Stelle stehen".
In Ulaanbaatar können Sie seit neuestem kleine und größere Fahnen in den mongolischen Landesfarben an mindestem jedem zweiten Auto sehen.


   

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