Neues aus der Mongolei
21. bis 27. September 2015

Renate Bormann, Berlin, Ulaanbaatar

Präsident Elbegdorj auf 70. UNO-Generalversammlung in New York
Präsident Ts. Elbegdorj stand an der Spitze der mongolischen Delegation, die am 70. UNO-Gipfeltreffen vom 25. bis zum 27. September in New York teilgenommen hat.
Insgesamt haben 160 Staats- und Regierungschefs teilgenommen, um das Entwicklungsprogramm 2030 mit 17 Zielen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei der Erreichung dieser Ziele zu verabschieden.
Am 27. hat der mongolische Präsident auf der Tagung der UN-Umweltversammlung über Probleme und Fortschritte beim Umweltschutz in der Mongolei gesprochen.

„Das Grundgesetz und die Rechte des Präsidenten"
Unter diesem Thema stand eine internationale Konferenz im Regierungspalast am 26. September.
Das Präsidialamt und die Hanns-Seidel-Stiftung hatten die Veranstaltung anlässlich des 25. Jubiläums der Einführung der Institution „Präsident" gemeinsam organisiert.
In seiner Eröffnungsrede spannte der Chef des Präsidialamtes P. Tsagaan den Bogen von der unbeschränkten Macht des Bogd Gegeen/Khan 1911 über die „beschränkten Befugnisse des Bogd Gegeen" unter einer revolutionären Regierung 1921 bis in die Gegenwart, dabei internationale Erfahrungen und ihre Bedeutung für die Mongolei resümierend und auf den stabilisierenden Faktor der Institution „Präsident" für das politische System eingehend.

Keine Änderungen am Wahlsystem
Die MVP wollte zurück zum Mehrheitswahlrecht mit 76 Wahlkreisen, andere wollten das 2012 erstmals angewandte System 48:28 unverändert lassen, wieder andere hatten ein System 38:38 (Direktwahl: Parteienliste) vorgeschlagen.
Die MRVP wollte die Mongolei zu einem großen Wahlkreis machen.
Nach dem Willen der Mehrheit entschied die eingesetzte Arbeitsgruppe, es bleibt beim Verhältnis 48:28.
Änderungen betreffen die Zahlen für Kandidaten aus den Reihen der Staatsangestellten oder die Einführung einer Frauenquote, die von jetzt 20 Prozent (bei der Kandidatenaufstellung) auf 30 Prozent erhöht werden soll

Zinsertragssteuer
Ab dem 01. Januar 2016 sollen auch in der Mongolei Steuern auf Zinserträge fällig werden.
Angesichts der prekären Wirtschaftslage und eines Haushaltsdefizits von 734 Milliarden „griffe der Staat nun in die Taschen der Sparer", so Kritiker der Maßnahme.
Die Zinserträge würden mit zehn Prozent versteuert.

70,6 Millionen Stück Vieh
Am 20. September veröffentlichte das Landwirtschaftsministerium vorläufige Ergebnisse der Viehzählung im ersten Halbjahr 2015.
Danach werden landesweit 70,6 Millionen Tiere gehalten (mit oder ohne „gefütterte" Tiere wie Schweine oder Geflügel?).
Aktuell hat die Mongolei mit Russland, China, Japan, Kasachstan, Vietnam und arabischen Staaten Verträge über Vieh- und Fleischlieferungen abgeschlossen, die allerdings beim Auftreten von Viehkrankheiten ausgesetzt werden.
2015/16 wird ein inländischer Verbrauch von 10,4 Millionen Stück Vieh erwartet und ein Export von 5,4 Millionen Stück (Lebendvieh und/oder Viehprodukte).

„Grüne Woche 2015"
Am 26. September wurde auf dem Chinggis-Khaan-Platz die diesjährige „Grüne Woche" eröffnet.
Vom 29. September bis zum 05. Oktober wird die Verkaufsausstellung im „Misheel Expo-Einkaufszentrum fortgesetzt.

4,6 Jahre Haft für den ehemaligen Chefberater von Exministerpräsident N. Altankhuyag
L. Gansukh, der ehemalige Seniorberater von Ministerpräsident N. Altankhuyag, wurde am 21. September zu vier Jahren und sechs Monaten Haft
 verurteilt.
Er war wegen Amtsmissbrauch und Unterschlagung von 3,6 Milliarden Tugrug im Rahmen des Kohleprogramms angeklagt worden.
Die Verhandlung, die ursprünglich im Gefängnis Nr. 461 geführt werden sollte, war auf Forderung der Anwälte der Beklagten in die Kriminalgerichte der Stadtbezirke Bayanzurkh, Sukhbaatar und Chingeltei verlegt worden.
Zunächst war Gansukh zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden, seine beiden Mitangeklagten, die Buchhalterin sowie der Direktor des Partnerunternehmens zu 7,5 Jahren bzw. zu sieben Jahren.
Die Verteidiger warfen dem Staatsanwalt Inkompetenz und mangelhafte Untersuchung der tatsächlichen Vorgänge vor.
Gansukh hätte nie Projektgelder veruntreut, der Staat hatte Kredite bewilligt, das Projekt hätte die Kredite zurückgezahlt.
Schließlich wurde Gansukh zu vier Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Vier Jahre lang darf er keine Arbeit im Staatsdienst ausüben.
Die Buchhalterin B. M. und der Direktor N. D. dürfen zwei Jahre lang nicht im Staatsauftrag tätig werden und müssen 19,2 Millionen Tugrug Strafe zahlen. Gefängnis bleibt ihnen erspart.
Altankhuyag, der der Verhandlung beiwohnte, kritisierte das Verfahren als politischen Prozess.
Der Fall hätte schon dazu gedient, seine Regierung zu stürzen
Die Antikorruptionskommission agiere ohne Kontrolle durch die Öffentlichkeit und würde als Waffe gegen missliebige Politiker missbraucht.
Diese Kritik wurde auch im Zusammenhang mit der Diskussion um das Amnestiegesetz laut.
R. Gonchigdorj monierte, dass das Veto des Präsidenten die falschen Paragrafen berühre.
Die Bevölkerung könne nicht in Politiker, die mir nahe stehen, in die, die mir eher nicht so nahe stehen und in einfache Bürger eingeteilt werden.
Gleiches Recht für alle.


Mongolism, Zulan, Stimmführer-Streichquintett des BJO. Foto briti bay

Musik überwindet Sprachbarrieren
und verbindet Menschen und Kulturen, man muss ihr nur Raum bieten, mit diesen Worten eröffnete Peter Limbourg, Intendant der Deutschen Welle, das Konzert in der St. Elisabeth-Kirche in Berlin.
Am 23. September präsentierte die Deutsche Welle hier die Band „Mongolism" und das Stimmführer-Streichquintett des Bundesjugendorchesters (BJO).
Prof. Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates, stellte die jungen Künstler aus beiden Ländern vor.
Die vier Musiker und eine Musikerin des Streichquintetts brachten George Gershwins „Rhapsodie in Blau“ sowie die Sätze 2 und 4 des Streichquartetts G Dur, op.77 von Antonin Dvořak zu Gehör.
Die vier Musiker von „Mongolism" und Zulan, Sängerin, Komponistin und Pianistin, präsentierten ihre Stücke „Der Tod und das Mädchen", „Taben Hasake", „Das Rote Pferd" und „Der Geist der Mongolei" (Gebirge/Mythologie/Leben und Gedeihen).
Beide Künstlergruppen wurden vom Publikum enthusiastisch gefeiert.
Zulan und drei der vier Musiker von „Mongolism" stammen aus der Inneren Mongolei, leben jetzt in Peking.
Hasibagen, Pferdekopfgeige, Kehlkopfgesang) und Borjigin, Pferdekopfgeige, Tovshuur, Langlied und Kehlkopfgesang, sprechen aber immer noch ausgezeichnet Mongolisch und singen auch in dieser Sprache.
Wer allerdings mongolische Folklore erwartet hatte, war vielleicht enttäuscht.
Zulan und ihre Musiker „vereinen westliche, mongolische und chinesische Musiktraditionen zu einem eigenen Klangkosmos: unmittelbar und abstrakt, archaische Rauheit mit feinster Klangfärbung vereinend".
Wunderbar und erfrischend.
Beim Beethovenfest in Bonn am 25. September wurde Zulans Werk „Amila", eine Auftragsarbeit der Deutschen Welle, uraufgeführt.
Für mehr Informationen sh. www.elisabeth.berlin und
http://www.beethovenfest.de/programm/campus-konzert/1152/


Vor dem Auftritt. 26.09.15

„Mongol Citizens/Mongolische Bürger – eine Utopie?"
Seit 2014 setzen sich mongolische und deutsche Lehrer, Journalisten, Verleger, Künstler, Philosophen, Pädagogen und Anthropologen mit der Situation in der mongolischen Gesellschaft, im mongolischen Bildungssystem auseinander und suchen Antworten auf die Fragen: Ist 25 Jahre nach der Abkehr vom Einparteien- und Vormundsstaat, der Einführung einer demokratischen Staatsform eine aktive, kritische Zivilgesellschaft im Nomadenstaat Mongolei eine Utopie oder mehr noch eine Chance?
Gemeinsam wollen sie dazu beitragen, Haltungen wie Bürgerbewusstsein, Kritikfähigkeit und Verantwortung für die Gesellschaft und die eigene Lebensgestaltung zu verstärken.
Die Entwicklung der Fähigkeiten zur aktiven Mitgestaltung der Gesellschaft durch mündige, selbstbewusste und kritische Bürger im Unterricht an den Schulen, Universitäten und Hochschulen soll als kreative Ressource und nicht als Gefahr für die Entwicklung des Landes wahrgenommen werden, auch oder vor allem von den Politikentscheidern.
Das Pilotprojekt geht auf eine Initiative der mongolisch-deutschen NGOs „Maidar e. V.", „Davalgaa" und „Nomad Citizens" zurück.
Neben vier Universitäten – TU, Pädagogische Universität, Universität für Kunst und Kultur, Deutsch-Mongolisches Institut für Technologie, beteiligen sich auch drei Schulen - Goethe-Schule, Humboldt-Schule, Schule Nr. 9 – an dem Projekt.


B. Bayarmagnai, Gehorsam, Ignoranz, Angst; Ohne Titel

Im Februar 2015 wurde in der Galerie des mongolischen Künstlerverbandes in Ulaanbaatar die Ausstellung „Metamorphose" mit Werken von 40 Studenten der Kunstuni eröffnet, im Mai trafen sich Wissenschaftler aus Deutschland, der Schweiz und der Mongolei auf der Konferenz „Free Will in Mongolian Society", im Rahmen des Projektes wurden Lehrmaterialien entwickelt, die im Admon/Monsudar-Verlag gedruckt und verlegt wurden.


E. Enkhtulga, Plastikgesichter

Zu den Projektveranstaltungen in Deutschland gehörte die Podiumsdiskussion am 26. September im Haus der Demokratie und Menschenrechte in Berlin.
Zu den Gesprächsteilnehmern gehörten der Leiter der Konsularabteilung der mongolischen Botschaft in Berlin Ts. B. Batmunkh, die Programmkoordinatorin „Migration und Entwicklung" von GIZ/CIM E. Zingler, Prof. Dr. Ch. Wulf, FU Berlin, Herr St. Sellmaier, LMU München, Frau Dr. G. Altangerel, HUB, Frau Dr. D. Guntsetseg, Vorstandsvorsitzende des Vereins der mongolischen Akademiker e. V. (VMA) und Frau Maimouna Ouattara, moveGlobal e. V., Bund ausländischer Studierender (BAS).
Herr Dr. Ch. Schlüter, „Berliner Zeitung", hat die Gesprächsrunde moderiert.
Zuvor hatten die Vorsitzenden von „Maidar", „Davalgaa" und „Nomad Citizens", Alimaa Amgalan, Khishgee Krause –Jentsch, Corinna Bethge und Ariuntsetseg Ganbold das Projekt „Mongol Citizens//Mongolische Bürger" 2014/15 vorgestellt, außerdem konnten die interessierten Besucher die dazugehörige Filmdokumentation des Nationalen Mongolischen Fernsehens begutachten.
Katja Vedder, art objective, zeichnete für die Produktion und Präsentation von Teilen der Ausstellung „Metamorphose" in Form von Postern verantwortlich.
Im Rahmenprogramm traten Khulan Navaandemberel (Pferdekopfgeige, Yatga), Enkhtuya Jambaldorj (Pferdekopfgeige, Shanz, Yatga, Gesang) und Shinetseseg Gunbileg (Tanz) auf.
C. Bethge kündigte eine Fortführung der Diskussionen für Anfang Dezember in Berlin an.


Nach der Podiumsdiskussion am 26. September

Immer mehr Mongolen reisen ins Ausland
Die Mongolbank hat Zahlen über zunehmende Auslandsreisen mongolischer Bürger veröffentlicht.
Danach reisen die meisten Mongolen nach China, Südkorea, Japan, Thailand, Indien, Singapur und Katar.
Das Alter der Mehrheit der Reisenden liege zwischen 30 und 39 Jahren.
44 Prozent unternähmen ihre Reisen zu Urlaubszwecken, 32 Prozent aus beruflichen Gründen und 12 Prozent suchten medizinische Hilfe im Ausland.
13 Prozent nähmen die Hilfe von Tourismusunternehmen in Anspruch, 87 Prozent organisierten ihre Reisen selbst.
Durchschnittlich würden 1.622 USD für eine Reise ausgegeben.
Die Reisen nach Kanada und die USA seien die teuersten, die nach Russland am günstigsten.
Bei Reisen nach Russland bevorzugten Mongolen Burjatien und da vor allem den Baikalsee.

Sumo
Beim Turnier der Sumoprofis vom 13. bis zum 27. September (Aki Basho) hat Yokozuna Kakuryu M. Anand im Entscheidungskampf gegen Ozeki Terunofuji G. Gan-Erdene die Oberhand behalten.
Beide hatten am letzten Turniertag drei Niederlagen und 12 Siege verbucht, so dass der 16. Kampf nötig wurde.
Am Ende konnte Anand den Kaiserpokal entgegennehmen.

Berichtigung:
Die Grabungen in Karakorum gehen auch in Zukunft weiter.
Mit der Sicherung und Restaurierung bisheriger Funde ist lediglich ein Grabungs- und Forschungsschwerpunkt abgeschlossen worden.

 

Fotos, wenn nichts anderes vermerkt Renate Bormann


 

   

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Last Update: 04. Januar 2024