Neues aus der Mongolei
8. bis 14. Oktober 2018

Renate Bormann, Berlin


Blick vom Zaisan Oktober 2006


Blick vom Zaisan Oktober 2018

Außenminister Tsogtbaatar im Vereinigten Königreich
Außenminister D. Tsogtbaatar stand an der Spitze der mongolischen Delegation, die vom 10.-12. Oktober das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland besucht hat.
Die Delegation gehörte zu den Teilnehmern der von der britischen Regierung organisierten internationalen Konferenz: „Illegaler Handel mit Wildtieren".
Während seines Besuchs führte Tsogtbaatar Gespräche mit Julian Knight, Handelsbotschafter der Premierministerin des Vereinigten Königreichs Theresa May für die Mongolei.
Beide Seiten waren sich einig, die Zusammenarbeit im Handel und in der Wirtschaft in Zukunft zu verbessern.
Der mongolische Gast äußerte die Hoffnung, dass für die Mongolei nach dem Brexit das mit der EU geschlossene Allgemeine Präferenzsystem plus (GSP+) für den Handel auch mit dem Vereinigten Königreich weiter gelte.

Lohn- und Rentenerhöhungen?
Die Debatte um den von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf zum Staatshaushalt 2019 ist in vollem Gange.
Der Minister für Arbeit und Soziale Sicherheit S. Chinzorig nahm Stellung zu geplanten Gehaltserhöhungen.
Für die Erhöhung der Gehälter im Öffentlichen Dienst seien insgesamt 267 Milliarden Tugrug geplant, für die Erhöhung der Renten 119,5 Milliarden und für die Sozialhilfe 22 Milliarden Tugrug.
Die Gehälter würden ab Januar 2019, die Renten ab Februar 2019 steigen.
Streit ist über die Höhe der Zuwendungen aus dem zentralen Staatshaushalt für die Wahlkreise der Mitglieder der Staatsversammlung entbrannt.
Die Unterschiede seien beträchtlich: Fünf Milliarden Tugrug für die einen, ein Vielfaches z. B. für einen Wahlkreis im Uvs-Aimag.
Kritik gab es auch seitens einiger Abgeordneter an den geplanten Leistungen für Schüler an Berufsausbildungszentren von monatlich 100.000 Tugrug.
Chinzorig betonte, dass für eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung die Ausbildung qualifizierter Fachkräfte von großer Bedeutung sei, Kritik an dieser Maßnahme fehl am Platze.
Die Zahl der arbeitslosen jungen Menschen mit Hochschulausbildung sei hoch. Es käme zunehmend darauf an, auf die reale Arbeitsmarktsituation im Land zu reagieren.
Nein, die finanziellen Mittel für die Schülerspeisung und die Verpflegung in den Kindergärten könnten nicht erhöht werden.

Mehrheit der Abgeordneten gegen Verfassungsgerichtsentscheidung
Der Beschluss der Großen Staatsversammlung, im WK 41 (Khentii-Aimag), am 07. Oktober einen Nachfolger für den zurückgetretenen D. Gantulga (MVP) wählen zu lassen, wurde aufgrund einer Beschwerde von drei Bürgern vom Verfassungsgericht annulliert.
Diese Entscheidung wiederum akzeptierte eine Mehrheit der Abgeordneten nicht und auch in der Bevölkerung herrschte überwiegend Unverständnis: Drei einzelne Personen können fast 20.000 Wählern ihr Recht auf einen Vertreter oder eine Vertreterin in der Staatsversammlung verwehren?
Am 11. Oktober stimmte eine Mehrheit der Mitglieder gegen den Beschluss des Verfassungsgerichts, dessen Hoher Senat in Kürze eine endgültige Entscheidung treffen muss.
Sowohl die Opposition als auch Mitglieder der MVP-Fraktion vermuten einen Auftragsbeschluss, da der MVP-Kandidat kaum eine Chance gehabt hätte, das Mandat zu gewinnen.
S. Erdene, der DP-Fraktionsvorsitzende kritisierte, die MVP hätte in letzter Zeit öfter Verfassungsgericht und Oberstes Gericht bemüht, ihr unliebsame Beschlüsse zu annullieren.

Limit für Handel mit ausländischen Währungen
Die MVP-Fraktion in der Staatsversammlung hat einen Gesetzesentwurf eingebracht, wonach der Mongolbank (Staatsbank der Mongolei) das Recht eingeräumt werden sollte, den Handel mit und Transaktionen in ausländischen Währungen zu begrenzen.
Die MVP begründet den Vorstoß damit, den Finanzsektor stabilisieren und die „Dollarisierung" in der Wirtschaft reduzieren zu wollen.
Vertreter der Mongolbank erklärten, das Defizit in der Zahlungsbilanz hätte großen Anteil an der Schwächung des Tugrugs.
In den ersten acht Monaten 2018 hätte das Zahlungsbilanzdefizit 361 Millionen USD erreicht.


Verteidigungsministerium, noch im Bayanzurkh-Duureg

Stadtplanungswettbewerb
Das Büro des Regierenden Bürgermeisters von Ulaanbaatar hat die Bürger aufgerufen, sich mit Vorschlägen und Ideen an einem Wettbewerb über den Stadtentwicklungsplan 2040 zu beteiligen.
Der Plan werde am 29. Oktober, zum 379. Gründungsjubiläum der Stadt vorgestellt werden. Die Ansiedlungsareale seien bereits im vergangenen Jahr festgelegt worden, die Migration vom Land in die Stadt konnte gestoppt werden, so Bürgermeister S. Batbold.
In Ulaanbaatar werden zwei Zentren und acht Sub-Zentren entstehen.
Das Verteidigungsministerium soll nach Zuunmod, Zentrum des Zentralaimags, umziehen.
Vorschläge der Öffentlichkeit für den nächsten Stadtentwicklungsplan werden gerne angenommen.
Insgesamt würden 40 Millionen Tugrug an Preisgeldern ausgelobt, der beste Vorschlag mit 20 Millionen Tugrug gewürdigt.
Für die Stadtverwaltung ist der Bau von drei neuen Gebäuden geplant, in zwei Jahren sollen sie fertiggestellt sein.
Der Umzug werde bereits in der zweiten Jahreshälfte 2019 beginnen.
Eine Dezentralisierung der Stadtverwaltung trüge zur Reduzierung des Autoverkehrs Richtung Zentrum bei.
Ein anderes riesiges Problem für die Stadt und seine Bewohner: Der Winter kommt und damit eine gesundheitsgefährdende Zunahme der Luftverschmutzung.
Die zu reduzieren, sei die Produktion von hochwertigen Brennstoffen, nicht nur in den bestehenden Unternehmen, sondern auch in neu zu gründenden Unternehmen geplant.
Ab nächstem Frühjahr habe die Regierung überdies die Nutzung von Rohkohle in Ulaanbaatar verboten.
Die Rechtmäßigkeit dieses Verbots müsse allerdings noch von der Staatsversammlung bestätigt werden.


Deutsch-Mongolische EZ-Verhandlungen 2018. Foto montsame.mn

55 Millionen Euro für Bildung, Bergbau und Energie
Der Staatssekretär im Finanzministerium S. Narantsogt und die Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Kathrin Oellers haben am 09. Oktober einen Vertrag über finanzielle Zuwendungen in Höhe von 55,4 Millionen Euro (162 Billionen Tugrug) für Projekte der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit 2018-2019 unterzeichnet.
Die Mittel sind für besseren Naturschutz, Bergbau und Energie sowie für die Förderung der Berufsausbildung geplant.
Ein Projekt soll helfen, für eine bessere Isolierung von Schulen und Kindergärten zu sorgen.
Seit 1990 hat Deutschland die Entwicklung der Mongolei mit insgesamt 400 Millionen Euro unterstützt.
Allein seit 2016 waren es 120 Millionen.


D. Terbishdagva

„Die Mongolei hat eine große Zukunft"

Dendeviin Terbishdagva, Mitglied der Großen Staatsversammlung, Ausschussvorsitzender und Präsident des Verbandes der Nahrungsmittelindustrie der Mongolei, Unternehmensgründer, ehemaliger Botschafter in Deutschland, ehemaliger stellvertretender Landwirtschaftsminister, ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident und Buchautor: „Grenzen", hat sich trotz der aktuellen Haushalts- und Verfassungsdebatten die Zeit für ein Gespräch über die aktuelle wirtschaftliche und politische Lage der Mongolei genommen.

Er sprüht nicht unbedingt vor Optimismus, wenn er auf die wirtschaftliche und politische Situation in der Mongolei zu sprechen kommt.
„Doch wir haben kluge Menschen, ein schönes Land mit spektakulären Landschaften, mit Seen, Flüssen, Bergen, mit Wildtieren und unseren tavan khoshuu mal, unseren fünf Tierarten: Schafe, Ziegen, Pferde, Kamele und Rinder.
Wir haben alle Voraussetzungen für die Entwicklung hochwertiger Produkte aus der Viehwirtschaft, aus dem Bergbau.
Wir Mongolen sind ein altes Volk mit einer langen, abwechslungsreichen Geschichte und einer vielfältigen, eindrücklichen Kultur.
In zehn Jahren könnten wir ein reiches, modernes Land sein. Allerdings müssten wir uns endlich vom „Anarchismus" verabschieden.
Unser politisches System bedarf dringend einer Erneuerung.
Terbishdagva plädiert im Unterschied zu Präsident Battulga nicht für die Einführung eines Präsidialsystems, sondern für die Stärkung der parlamentarischen Demokratie.
Präsident, Regierung und Staatsversammlung dürften sich nicht länger bei wichtigen Entscheidungen oder Projekten blockieren.
Unsere aktuellen Probleme sind nicht an einem Tag entstanden. „Seit 1990 haben wir viele Fehler gemacht".
Wir hatten viele ausländische Berater, von denen wir falsch beraten worden sind.
Unser Land, unsere Mentalität, unsere Geschichte, unsere Kultur waren für sie Neuland.
Sie verordneten uns im Grunde eine Schocktherapie.
Und wir waren begeistert, hörten die schönen Worte über Demokratie und Freiheit, uns eröffneten sich Möglichkeiten, von denen wir nicht einmal geträumt hatten.
Wir wollten ganz schnell die neue Gesellschaft aufbauen, früher „war der Kapitalismus nur schlecht, dann nur gut".
Alles, was in 70 Jahren Sozialismus aufgebaut, erreicht worden war, galt nichts mehr.
Unsere großen, mit ausländischer Hilfe aufgebauten Betriebe wurden niedergerissen oder privatisiert, gut ausgebildete Fachkräfte landeten auf der Straße.
Reich wurden dabei nur wenige, die plötzlich äußerst wertvoll gewordenen Bergbaulizenzen kamen ebenfalls nur wenigen zugute.
Mit dem Geld machten sie Politik, wurden oft selbst Politiker.
Doch das Allerschlimmste war die Tatsache, dass hoch qualifizierte Fachkräfte plötzlich ohne Beschäftigung dastanden, und sich dem „Handel und Wandel" zuwandten.
Vergleiche zur DDR bieten sich vielleicht an, mit dem Unterschied, dass die Mongolei keinen reichen Bruder hatte …
Die schnelle Privatisierung der Viehherden und die Übernahme großer Herden durch unerfahrene, in ihren Berufen arbeitslos gewordene Lehrer, Ärzte, Schlosser … hat auch nicht unbedingt positive Auswirkungen gehabt.
Damals zogen die Städter aufs Land, heute ist es wieder umgekehrt.
Natürlich tragen wir selbst auch ein gerüttelt Maß an Schuld. In den ersten Jahren nach der Auflösung der alten gesellschaftlichen Verhältnisse glaubten nicht wenige, Demokratie bedeute „Jeder kann machen, was er will" und Marktwirtschaft sei nichts mehr als „Handel und Wandel".
Eine konstruktive Konfliktbewältigung, Diskussionskultur sind nicht entstanden, der Konkurrent oder Wettbewerber, der politische oder der im Geschäftsleben, wird „schlecht" gemacht, verleumdet, wozu heute die Anonymität in den sozialen Medien noch in weitaus höherem Maße beiträgt, als das früher der Fall war.
Einiges hat sich in den vergangenen Jahren auch zum Positiven entwickelt, was allein schon am Stadtbild Ulaanbaatars sichtbar wird, die Menschen sind mobiler geworden, können durch ihr Heimatland reisen und ins Ausland.
Allerdings steigen Armuts- und Arbeitslosenquoten. Über 30 Prozent der Mongolen sind arm, 13 Prozent ohne feste Anstellung.
Die Förderung der Klein- und Mittelbetriebe, das Rückgrat jeder Wirtschaft stagniert und wenn neue Betriebe entstehen, fehlen Arbeitskräfte.
Das von mir angeregte Programm „Fleißige Mongolen" hat zum Ziel, die Berufsausbildung zu fördern. Dabei hoffen wir auf die Hilfe der Deutschen. Junge Leute nach Deutschland zur Berufsausbildung oder –qualifizierung zu schicken, würde sehr helfen.
Das Beispiel aus den 1920-er Jahren wirkt fort.
Von den 30 Jugendlichen, Mädchen und Jungen, die 1926 nach Deutschland entsandt worden waren, haben nur zwei ein Hochschulstudium aufgenommen, die anderen waren Schüler oder wurden von versierten Meistern in verschiedenen Berufen ausgebildet.
Trotzdem sie frühzeitig ihren Aufenthalt wegen der veränderten politischen Lage in der Mongolei und in der damaligen Sowjetunion unfreiwillig abbrechen mussten, kam mit ihnen ein frischer Wind" in die Mongolei, sie hatten eine kleine Kulturrevolution, im positiven Sinne des Wortes, entfacht.
Leider wurden viele Opfer der stalinistischen Repressionen in den 1930-er Jahren, einige verloren sogar ihr Leben.
Ich selbst bin in Berlin und Johanngeorgenstadt zum Lebensmitteltechnologen ausgebildet worden und habe mein Wissen an junge Mongolen im Fleischkombinat Ulaanbaatar weitergeben können.
Auch nach der Wende hat uns Deutschland sehr geholfen, es gehört zu den wichtigsten Geberländern für die Mongolei.
35.000 Mongolen haben in Deutschland studiert. Wenn sich nur 1.000 von ihnen zusammenschlössen, könnten sie noch mehr nach ihrer Rückkehr in die Mongolei bewirken.
In den letzten Jahren sind 30 Mongolen in Halle/Saale bei der GP Günther Papenburg AG in verschiedenen Bauberufen ausgebildet worden, alle sind sie in die Mongolei zurückgekehrt und haben Arbeit gefunden.
Der Entwicklungskern der Mongolei ist nicht Gold, ist nicht Kokskohle, ist nicht Kaschmir, sondern der Mensch.
In Klein- und Mittelbetrieben in allen Aimags sollten einheimische Rohstoffe aus der Viehwirtschaft und dem Bergbau verarbeitet werden, das würde Arbeitsplätze schaffen und damit Einkommen.
40 Prozent der gesamten Welt-Rohkaschmirproduktion stammen aus der Mongolei. Allein dies biete doch hervorragende Möglichkeiten für nachhaltigen Aufschwung.
Natürlich werden die zwei Großmächte China und Russland, unsere unmittelbaren Nachbarn, immer eine bedeutende Rolle für unsere Politik und Wirtschaft spielen.
Wir sind guter Dinge, dass die geplanten Autobahnen, Eisenbahnstrecken, der Bau der Öl- und Gaspipelines über mongolisches Territorium führen und auch unserer Wirtschaft neue Impulse verleihen werden.
Wichtig ist uns aber auch der Ausbau unserer wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen zu Japan, Korea, den USA und zu den Ländern Europas.
Aber zuallererst müssen die Mongolen enger zusammenhalten, gemeinsame Ziele formulieren, diskutieren und dann umsetzen.
Drei Millionen Einwohner, aber über 1000 NGOs, 27 Parteien, die sich bekämpfen, Mitglieder innerhalb der Parteien, die gegeneinander arbeiten. So kann es nicht weitergehen.
„Doch, wie schon gesagt, ich bin optimistisch, wir haben eine große Zukunft".

Ulaanbaatar, 11. Oktober 2018

Vier Medaillen für mongolische Sportler
E. Unurmaa in der Leichtathletik und N. Altantsetseg im Judo haben eine Silbermedaille bzw. eine Bronzemedaille bei den Paralympics in Jakarta (Indonesien) gewonnen.
Bei den Männern gewannen A. Munkhbat und D. Erdenebayar, ebenfalls im Judo Bronzemedaillen.

Neuer Fußballplatz mit Kunstrasen
715.520 USD hat die FIFA in den Bau eines neuen Fußballfeldes mit Kunstrasen im Zentralaimag investiert.
„Nun müssen wir nicht mehr zum Training ins Ausland reisen", freuen sich Funktionäre, Fußballspieler und Fußballspielerinnen der Nationalmannschaften und der Freizeitmannschaften.


Kraftdreikampf-Weltmeisterschaften in Ulaanbaatar

Weltmeisterschaften im Powerlifting der Senioren
Vom 01. bis zum 06. Oktober wetteiferten Sportler und Sportlerinnen aus 23 Ländern um Siege und gute Plätze bei den Kraftdreikampf-Weltmeisterschaften in Ulaanbaatar.
331 Teilnehmer, einschließlich Trainer und Offizielle, waren nach Ulaanbaatar gereist.
Die Mongolei wurde von 27 Kraftsportlern vertreten.
Den ersten Sieg für die Mongolei erzielte der 75-jährige ehemalige Dozent an der Pädagogischen Universität J. Baasandamba.
In den letzten Jahren fand der Sport immer mehr Anhänger. 20 Medaillen haben Mongolen inzwischen von Weltmeisterschaften, Jugendweltmeisterschaften und Asienmeisterschaften mit nach Hause gebracht.

 

Fotos, wenn nichts anderes vermerkt, Renate Bormann


   

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