Die Deutsche Mongolei Agentur aus Ulaanbaatar präsentiert:

Wahlen und Ausnahmestand 2008

von Dr. Renate Bormann, Ulaanbaatar

04.07.08
Am Nachmittag verkündete Präsident Nambar Enkhbayar die Aufhebung des Ausnahmezustandes ab der Nacht vom 5. zum 6. Juli 2008.
Alle Kinder und nichtvolljährigen Jugendlichen, die im Zusammenhang mit den gewalttätigen Aussschreitungen am 1./2. Juli festgenommen wurden, sind aus der Untersuchungshaftanstalt entlassen worden.

04.07.08
Die Lage in Ulaanbaatar hat sich weitgehend normalisiert.

Das Parlament hat den Beschluss über die Verhängung des Ausnahmezustandes auf seiner gestrigen Sondersitzung bestätigt.
Ausnahmslos alle Mongolen, mit denen wir sprechen, sind regelrecht erschrocken über das, was in ihrem Namen geschehen ist. Die Kommentare reichen von "Das verdirbt uns die Geschichte der vergangenen 18 Jahre " bis "Diese Ereignisse werden für immer ein schwarzer Fleck in unserem Leben sein". 
Heute Morgen wurden die Panzerwagen und ein Teil der bewaffneten Kräfte abgezogen, die Ausgangssperre gelockert.
Bisher ist der Ausnahmezustand nicht verlängert worden, soll in der Nacht von Freitag zu Samstag aufgehoben werden.
Ringer und Künstler bereiten sich auf Naadam vor. Das Morin Khuur Ensemble wird spielen, obwohl ihnen kein einziges ihrer Instrumente geblieben ist. Andere Gruppen wollen ihnen Instrumente zur Verfügung stellen.
In Dornod hat der Kandidat und Nochabgeordnete der Zivilcourage-Partei, Zorigt, eine Neuauszählung der Stimmen gefordert, er erkenne das Ergebnis nicht an. Vor der örtlichen Wahlkommission ist er in einen Sitzstreik getreten und hat sich geweigert, zu den Sondersitzungen der Großen Staatsversammlung in Ulaanbaatar zu erscheinen.
Die Überprüfung der Personalien der 700 Festgenommenen (darunter 38 Minderjährige) wird fortgesetzt. Sie werden nach und nach freigelassen, sobald sich herausgestellt hat, dass sie nicht an Gewalttaten beteiligt waren.
Vier der fünf Toten sind an Schussverletzungen gestorben. Die Untersuchungen darüber haben begonnen.
Der DP-Vorsitzende Elbegdorj beschuldigt weiter die "Machthaber", die Wahlen gefälscht zu haben und nicht rechtzeitig eingegriffen zu haben, als die Gewalt zu eskalieren drohte. Er kritisiert die Verhängung des Ausnahmezustandes.
Die Kinderbibliothek und die Deutsche Informationsbibliothek wurden beim Brand der Kunstgalerie ebenfalls beschädigt.
Ein Zeitungsredaktionsgebäude, in dem drei Zeitungsredaktionen, darunter "Morgenzeitung" und "Privatleben" untergebracht waren, wurde völlig abgebrannt, der Chefredakteur von den Eindringlingen mit dem Tod bedroht. Die zuständige Polizeidienststelle im Sukhbaatarduureg konnte nicht helfen, da sie ihr eigenes Gebäude schützen musste, das ebenfalls angezündet worden war.
Die ZWK hat für heute eine Pressekonferenz angekündigt, um das amtliche Wahlergebnis zu verkünden. Der Termin steht noch nicht fest.
B. Jargalsaikhan, der Vorsitzende der Republikanischen Partei und Nochabgeordneter, hat an der Parlamentssondersitzung teilgenommen. J. Batzandan und O. Magnai sind abgetaucht.
Die Aktien von "Ivanhoe Mines" (Oyutolgoi) sind nach den ersten Verlautbarungen über das Wahlergebnis um 9 Prozent gestiegen, nach Ausbruch der Unruhen um 0,5 Prozent gesunken. Jetzt liegen sie bei 10,54 USD. (August 2007: 18 USD).


Panzerwagen auf der Straße des Friedens. 02.07.08

Vorläufiges Wahlergebnis offiziell verkündet
Der Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission hat am Abend des 02. Juli im Nationalen Mongolischen Fernsehen (der Betrieb der anderen Fernsehsender ist infolge des Ausnahmezustandes eingestellt) das vorläufige Ergebnis der Wahlen zur Großen Staatsversammlung bekannt gegeben.
Danach hat die MRVP 38 Mandate in den Aimags und acht in der Hauptstadt gewonnen, die DP 18 auf dem Land und ebenfalls acht in Ulaanbaatar. Ein Mandat gewann S. Oyun für die Bürgermutpartei (Zivilcourage-Partei), D. Enkhbat eins für das „Bürgerbündnis. Der unabhängige Kandidat Z. Altai zieht ebenfalls ins Parlament ein. Ein Mandat im Bayangol-Duureg ist noch offen.
Das endgültige Wahlergebnis muss bis zum 10. Juli bekannt gegeben werden.
Die Situation in Ulaanbaatar ist ruhig.
Die Mongolen verurteilen die Gewaltexzesse vom 01. Juli.


Philharmonie und Kunstgalerie wurden angezündet. Wertvolle Kunstschätze, Kostüme des Nationalen Pferdekopfgeigenensemble und Musikinstrumente zerstört oder gestohlen. 02.07.08

Sicherheitsrat der Mongolei hat getagt.
Im Falle flächendeckender Wahlfälschungen muss es Neuwahlen geben, so  der Präsident.
IZN-Vorsitzende S. Oyun und DP-Vorsitzender Ts. Elbegdorj für gesetzliche Aufklärungen der möglichen Wahlfälschungen.
Bayar wirft Elbegdorj eine Mitschuld am Ausbruch der Ausschreitungen vor.
Ts. Elbegdorj und E. Bat-Uul von der DP haben die Ausschreitungen verurteilt. Bat-Uul forderte harte Strafen für die Initiatoren und Täter.

Präsident N. Enkhbayar hat am 01.07. ab 24:00 Uhr für vier Tage den Ausnahmezustand über Ulaanbaatar verhängt.


Das MRVP-Parteigebäude am 01.06.08, kurz vor 21.00 Uhr


Das Gebäude, in dem neben der MRVP auch eine Reisebüro und andere Firemn untergebracht waren. 01.07.08


Eingangtür zur MRVP-Zentrale. 01.07.08


Ts. Elbegdorj am 01.07.08

01.07.2008, 12:00 Uhr
gab der Parteivorsitzende der DP, Tsakhiagiin Elbegdorj, eine Pressekonferenz, die direkt im Fernsehen übertragen wurde
Sichtlich enttäuscht über das vorläufige Wahlergebnis seiner Partei, konstatierte er, das Volk habe noch einmal vier Jahre Armut, Korruption
und Stillstand gewählt. Das Wahlergebnis sei jedoch nicht auf ehrliche Weise zustande gekommen, die Machthaber hätten es manipuliert und das bedrücke ihn zutiefst. Stimmen seien gekauft worden, ebenso die mongolischen Wahlbeobachter, Wahlzettel gefälscht. Das Wahlsystem begünstige darüber hinaus die MRVP. Veränderungen seien kurzfristig hintertrieben worden. Elbegdorj fordert die Wiederholung der Stimmauszählung in allen  Wahlkreisen, die Verantwortlichen für die Betrügereien müssten zur Verantwortung gezogen werden, der Präsident das Wahlergebnis abweisen. Als Beweis für die Manipulationen verglich er Voraussagen mit dem tatsächlichen Stimmenanteil der DP-Kandidaten. Danach hätte die DP auf  dem Land 46 und in Ulaanbaatar 18 Mandate gewinnen müssen. Das jedoch erscheint selbst DP-Anhängern als eher unwahrscheinliches Szenario. Die Vermutung, Elbegdorj würde verkünden, die DP strebe eine Vereinigung mit allen anderen demokratischen Parteien an, erwies sich zumindest für heute als falsch.
Die meisten der kleinen und Kleinstparteien sind Abspaltungen der DP. Das "Bürgerbündnis" greift MRVP und DP gleichermaßen an.
Auch innerhalb der DP herrschen nicht etwa eitel Freundschaft und gute Zusammenarbeit. Elbegdorj ist einerseits ein begnadeter Redner, der die Menschen begeistern kann, er ist weltgewandt, hat aber eher zu Vertiefung der Spaltung der Partei beigetragen. Im Falle, das Wahlergebnis wird offiziell, ist er aufgefordert, eine starke Opposition zu formieren und anzuführen.


Protest gegen Wahlergebnis vor dem MRVP-Hauptgebäude in UB. 01.07.08

30.06.2008, 18:30 Uhr
Die Proteste gegen die MRVP wegen des Wahlergebnisses nehmen  an Schärfe zu.
Die Bürgerbewegungen, Parteien und das "Bürgerbündnis"
 sind entschlossen, das Wahlergebnis nicht hinzunehmen. B. Jargalsaikhan,  Vorsitzender der Republikanischen Partei (Unternehmer, Exhandelsminister und noch Parlamentsmitglied) führen die Protestbewegung und das  "Bürgerbündnis" (Grüne Partei, Sozialdemokratische Partei und  Bürgerbewegungspartei) offenbar an. Er verlangt den Rücktritt von S. Bayar und Neuwahlen, nicht nur eine Neuauszählung. In Darkhan gibt es eine ähnliche Protestbewegung gegen die MRVP und das Wahlergebnis.

Presse und Fernsehen verkünden zwar vorläufige Ergebnisse der Wahlen.
Der Stand ist noch derselbe wie gestern:
38 Mandate für die MRVP und 18 für die DP in den Provinzen, fünf für die MRVP in Ulan-Bator, sechs für die DP und eines für einen Unabhängigen. Sieben Mandate in UB sind noch offen. Die kleinen Parteien sind wahrscheinlich gar nicht mehr im Parlament vertreten. Aus der Zentralen Wahlkommission verlautet, dass zwar gesicherte  Ergebnisse aus den Aimags vorlägen, aus Ulaanbaatar jedoch noch nicht. Es könne gut möglich sein, dass das offizielle Wahlergebnis erst Mitte des Monats!! verkündet werde. Sie betonen immer wieder: Noch liegt kein offizielles Wahlergebnis vor.

am späten Abend, demonstrierten Anhänger des Wahlbündnisses  "Bürgerbündnis" gegen die Ergebnisse der Wahlen, die Demonstration wurde  heute fortgesetzt, allerdings mit wesentlich weniger Demonstranten,  die zudem erklärten, keiner Partei anzugehören.

30.06.2008: 14:00 Uhr
Gerüchte über MRVP-Sieg bei den diesjährigen Wahlen verdichten sich
Das offizielle Wahlergebnis läge zwar noch nicht vor, aber den vorläufigen Meldungen aus den Provinzen zufolge, hätte die MRVP hier 38  Mandate gewonnen. Das wäre ein schöner Erfolg, für den er vor allem der MRVP-Jugend und den Senioren danke. Parteivorsitzender und Ministerpräsident Bayar äußerte sich auf einer Pressekonferenz am frühen Abend des 30. Juni verhalten optimistisch, seine Anhänger im Saal klatschten rhythmisch Beifall.
Bayar dankte "dem großen mongolischen Volk, den Erben Chinggis-Khaans" und wünschte einen guten Sommer und entspannte Naadamfeiern. Er ging  auch auf die kommende Legislaturperiode ein. Egal wer letztendlich den  Sieg bei den Wahlen davontragen würde, im Interesse der Mongolen und angesichts der Herausforderungen der Globalisierung müssten alle politischen Kräfte konstruktiv zusammenarbeiten.
In Ulaanbaatar soll die MRVP mindestens acht Sitze errungen haben.
Im Bayan-Ulgii-Aimag hat die MRVP alle drei Mandate gewonnen (jedes mit über 45 Prozent). Im Bulgan-Aimag alle zwei mit 64 bzw. 43 Prozent.
Im Arkhangai-Aimag hat die DP alle drei Mandate gewonnen.
Von den 45 Unabhängigen hat es wahrscheinlich nur einer geschafft. (Der Chef des Nationalen Radio- und Fernsehfunks).
Das "Bürgerbündnis" hat heute offiziell Protest gegen die Stimmenauszählung in drei UB-Stadtbezirken angekündigt.
Nach der Vormittagspressekonferenz der DP wurden zwei weitere abgesagt.
Die ZWK hat für Dienstagvormittag eine Pressekonferenz angekündigt.

30.06.2008, 13:00 Uhr
Wahlen zur Großen Staatsversammlung 2008: Geringere Wahlbeteiligung als erwartet
Entgegen den Erwartungen gaben nach vorläufigen Angaben der Zentralen Wahlkommission nur 74,3 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimmen bei den Wahlen zur Großen Staatsversammlung ab, deutlich weniger als 2004.
Ein Grund dafür liegt sicher in den Unwettern, die zwischenzeitlich in Teilen der Mongolei herrschten und den Wählern den Gang zu den Wahllokalen erschwerten. Mit 67,2 Prozent verzeichnete der Hauptstadtbezirk Bayanzurkh die niedrigste Wahlbeteiligung – gegen Mittag überschwemmte ein Platzregen mehrere Wohnviertel, Straßen und Wege wurden unpassierbar. Außerdem soll eine Wahlurne mit Wahlzetteln gesohlen worden sein.
Am höchsten war die Wahlbeteiligung in den Provinzen Darkhan-Uul (80,4), Gobialtai und Mittelgobi (jeweils 80,2 Prozent).
Ernstere Zwischenfälle im Wahlverlauf hat es nach Aussagen der Zentralen Wahlkommission nicht gegeben, allerdings hätten die Bürger zahlreiche Unregelmäßigkeiten gemeldet (illegale Wahlwerbung, falsche Namen oder Adressen, Beeinflussung der Wähler), die noch überprüft würden.
Der Vorsitzende der Wahlkommission im Stadtbezirk Bayangol von Ulaanbaatar hat überraschend seinen Rücktritt erklärt, im selben Stadtbezirk wurde ein MRVP-Wahlbeobachter vom Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes bedroht, im Stadtbezirk Chingeltei ist eine Gruppe junger Männer mit gefälschten Wahlausweisen aufgetreten, nach Schließung der Wahllokale versuchten säumige Wähler noch Einlass zu bekommen und protestierten lautstark gegen ihre Zurückweisung.
Mit dem vorläufigen Endergebnis der Wahlen sei frühestens in 16 bis 18 Stunden nach Schließung der Wahllokale zu rechnen. Die Vergrößerung der Wahlkreise mit mehreren Mandaten, die fehlende moderne Zähltechnik und die nötigen Kontrollzählungen erforderten mehr Zeit, das träfe vor allem auf die sechs hauptstädtischen Wahlkreise zu,  so der Vorsitzende der ZWK.


   

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